und zwar dort:
TaP Neue Folge
Gegen die wechselseitige Bevormundung von Politik und Wissenschaften
1.
Gestern ist die trend-November-Ausgabe mit einem Katalonien-Schwerpunkt (u.a. mit Thesen von mir) erschienen:
http://trend.infopartisan.net/inhalt.html; vgl. http://trend.infopartisan.net/trd1117/edit1117.html
2. (mehr…)
Wir haben den am Montag schon verlinkten Blog etwas umgestaltet und erweitert sowie einen Aufruf geschrieben:
Solidarisch zu sein, heißt: sich dem Verbot zu widersetzen
Aufruf an alle, die unter Klarnamen (oder nicht-konspirativen Pseudonymen) bei linksunten.indymedia publiziert haben und die Plattform auch in Zukunft nicht missen wollen
Innenministerium verbietet linksextremistische Internetplattform
Die griechische Regierung unter Alexis Tsipras hat am Donnerstagabend eine weitere Kraftprobe bestanden. Das Parlament billigte im Eilverfahren ein neues Sparprogramm. Bei einer namentlichen Abstimmung stimmten 153 Abgeordnete der Links-Rechts-Koalitionsregierung für das Paket. 137 stimmten dagegen. Zehn Abgeordnete waren abwesend, teilte das Parlamentspräsidium mit.
Im Regierungslager gab es zwei Abweichler: ein Vertreter der rechtspopulistischen Partei der Unabhängigen Griechen (Anel) stimmte gegen die Vorlage, ein Abgeordneter von Tsipras Syriza-Partei blieb der Abstimmung absichtlich fern. Tsipras schloss ihn sofort aus der Parlamentsfraktion aus. Auch der Abweichler der Rechtspopulisten wurde aus seiner Fraktion ausgeschlossen.
Schon vor der Abstimmung gab es in der Syriza-Fraktion Ärger: Tsipras’ früherer enger Mitarbeiter und Regierungssprecher Gabriel Sakellarides gab sein Mandat zurück, wie das Parlamentspräsidium mitteilte. Damit machte er – wie von Tsipras gefordert – Platz für einen linientreuen Abgeordneten der Syriza. Das bestätigte das Büro des Regierungschefs. Sakellarides erklärte dazu, er könne das Regierungsprogramm nicht mehr unterstützen.
Die Gründungstage von SYRIZA liegen weit zurück, in der Spaltung der Kommunistischen Partei (KKE). Von der damals illegalisierten und im »Ostblock stationierten« griechischen KP trennte sich 1968 ein später »eurokommunistisch« genannter Flügel. Nach dem Ende der griechischen Militärdiktatur entwickelten sich ein Teil der »Eurokommunisten« in den 80er Jahren weiter zur undogmatischen und dem linken Bildungsbürgertum nahestehenden »Griechischen Linken« (EAR). Ende der 1980er Jahre, inmitten einer skandalbedingten Krise der PASOK-Regierung, formte diese mit der marxistisch-leninistischen KKE die »Koalition der Linken und des Fortschritts – Synaspismos« (SYN). Obwohl von Beginn an ein fragiles Gebilde kam das Wahlbündnis 1989 bei der Parlamentswahl auf 13,1 Prozent. Interne Auseinandersetzungen und der Kollaps der Sowjetunion führten aber 1991 zum Bruch.
Dennoch entschieden sich ein Jahr später undogmatische Linke und sogenannte KKE-Reformer, die verbliebenen Reste von Synaspismos in eine Partei umzuwandeln. Dieser gelang der Einzug ins nationale Parlament erstmals 1996. In den folgenden Jahren rang die Partei beständig darum, die Drei-Prozent-Hürde zu überwinden. Nach den Wahlen im Jahr 2000 erfolgte die erste große Spaltung der Partei. Protagonisten des »rechten Flügels« wanderten zur Sozialdemokratie ab und SYN rückte im Parteienspektrum weiter nach links. So konnte sie weitere linke Gruppen und soziale Bewegungen an sich binden. 2004, kurz vor der Parlamentswahl, wurde zum ersten Mal die »Koalition der radikalen Linken – SYRIZA«, gebildet, welche aber lediglich 3,26 Prozent der Stimmen errang. Das Wahlbündnis zerfiel weitgehend. Erst 2007 konnte SYRIZA unter veränderter Zusammensetzung wiederbelebt werden.
Nachdem ich mich in den letzten Tagen so intensiv mit den verschiedenen Umfragen zur Wahl in Griechenland beschäftigt hatte, muß ich anstandslos anerkennen:
Die Umfragen, die mir am unwahrscheinlichsten erschienen, lagen am richtigsten!
1. Am 11. September veröffentlichte die Zeitung EfSyn eine Umfrage des Instituts ProRata, die ziemlich haargenau das Ergebnis für die gestrige Wahl erwarten ließ, das gestern tatsächlich eintrat:
Ich hielt das für unwahrscheinlich – in meinem Blog-Artikel über diese Umfrage betonte ich, daß diese Umfrage „ziemlich abweichend von den meisten anderen Umfragen“ ist. (Auch unabhängig von den Umfragen erschien mir unwahrscheinlich, daß SYRIZA die Unterzeichnung des neuen Memorandums prozentual fast verlustfrei überstehen könne. [In absoluten Zahlen – WählerInnenstimmen – verlor sie allerdings dennoch ca. 700.000 [nächtlicher Rechenfehler; richtig:] gut 300.000 Stimmen von ca. 2,25 Mio. WählerInnen.])
Und nachdem ich berechnet hatte, welche Sitzverteilung sich aus diesen Zahlen ungefähr ergeben hätte (nämlich fast eine absolute Mehrheit für SYRIZA und ANEL) ergänzte ich, nachdem ich im Blog-Artikel schon erwähnt hatte, daß EfSyn eine linke Zeitung ist, in einem Kommentar unter dem Artikel: „Scheint ziemlich genau das Wunschergebnis von Tsipras bei dieser Umfrage herausgekommen zu sein…“
Nun ist aus der fast-Sitzmehrheit für SYRIZA und ANEL sogar eine tatsächliche Sitzmehrheit geworden. (SYRIZA schnitt noch einen Prozentpunkt stärker ab; ANEL gut einen halben; ND schnitt ca. einen halben und die G. Morgenröte ca. einen ganzen Prozentpunkt schlechter ab als in der Umfrage. Fast einen Prozentpunkt stärker als in der Umfrage wurde PASOK und etwas schwächer wurden Potami und Zentrumsunion. [Alles gerundete Angaben auf dem Stand der Auszählung von 96,2 % der Stimmen (?) oder Wahllokale (?).])
2. Die beiden späteren Umfragen des gleichen Instituts für die gleiche Zeitung (von Anfang und Ende der Wahlwoche) wichen zwar etwas stärker vom tatsächlichen Wahlergebnis ab1 – aber weiterhin lagen diese Umfragen deutlich dichter am tatsächlichen Wahlergebnis, als die allermeisten anderen Umfragen.
3. Von den Umfragen aus der Wahlwoche lag außerdem die Umfrage von E-Voice noch ziemlich gut:
Sie ließ – nach der ProRata-Umfrage vom Wochenanfang – das (im Vergleich mit den anderen Umfragen) zweitbeste Ergebnis für SYRIZA und das zweitschlechteste Ergebnis für ND erwarten. Auch ANEL wurde mit (bereinigten) 3,5 % ziemlich korrekt eingeschätzt; die LAE wurde aber mit (bereinigten) 4,6 % viel zu gut eingeschätzt:
(zu) These 1
Ja, „die Antwort (wer will: die Lösung) auf diese Krise [ist] der Aufbau sozialistischer Eigentums- und Produktionsverhältnisse“.
(zu) These 2
a) Aber das ist nur die Antwort von ein paar Kadern hier und ein paar mehr Kadern in Griechenland selbst. Aber dies ist – jedenfalls bisher – nicht die Antwort der Massen in Griechenland. Es ist nicht einmal die Antwort von LAE und SYRIZA auf die Krise.
Tsipras und seine deutschen FürsprecherInnen sind inzwischen dabei angekommen, die Krise für hausgemacht zu halten; als von einem Mangel an good governance, als von einem zuviel an Klientelismus verursacht, anzusehen.1 Deshalb die allgemein-plätzige Rhetorik vom Kampf des Neuen gegen das Alte, die Warnung vor einem Weg zurück und das SYRIZA-Wahlkampf-Motto „Nur nach vorn“.
Und die LAE hat anscheinend überhaupt keine Vorstellung davon, wie die Krise entstanden ist, hält an der alten SYRIZA-These, daß sie durch die neoliberale Austeritätspolitik verschärft wurde, fest und schlägt deshalb als Abhilfe linkskeynesianistische Konzepte vor, ohne darzulegen, wie sie durchsetzbar sein und unter fortbestehenden kapitalistischen Verhältnissen funktionieren sollen.
b) Deshalb gab es zwar bei „soziale[n] Mobilisierungen, dutzende[n] Generalstreiks und viele[n] Strukturen realer gesellschaftlicher Gegenmacht“ eine „breite Einheitsfront“ – mit (abgesehen von zeitlichen Mobilisierungskoinzidenzen) Ausnahme der KKE –, also vor allem von SYRIZA, ANTARSYA, deren Gewerkschaftsfraktionen und einigen Gruppen darum und dazwischen. – Aber dies war eine Einheitsfront des Dagegens – des gegen die Austeritäts-Memoranden sein.
c) Aber nicht nur die KKE, sondern auch ANTARSYA hat schon in der Vergangenheit – und zwar zurecht – nicht auf SYRIZA-Listen kandidiert. Denn es fehlte schon vor dem 6. Juli 2015 an einem gemeinsamen Programm für die Zukunft und auch schon an einem gemeinsamen ‚Politikstil‘ / Handlungskonzept für die Gegenwart.
d) Es wäre für den Kampf gegen die Austerität, geschweige denn für den Sozialismus nichts gewonnen, wenn sich nach der Wahl im Jan. KKE und ANTARSYA – statt ANEL – an der SYRIZA-Regierung beteiligt hätte. Denn der Kampf gegen die Austerität scheiterte nicht an einem Mangel an Stimmen im griechischen Parlament, sondern an einem Mangel an Fähigkeit – und auch schon einem Mangel an Konzept –, die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse in Griechenland selbst und vor allem europaweit zu ändern. (mehr…)
Es folgt eine Übersicht über die vierzehn Umfragen, die zumindest teilweise nach der Fernsehdebatte am Montagabend (siehe 1 und 2) zwischen den Parteichefs von SYRIZA und ND, Tsipras und Meimarakis, durchgeführt wurden (bereits in der vergangenen Woche fand eine Debatte zwischen den Vorsitzenden von allen im Parlament vertretenen Parteien mit Ausnahme der Goldenen Morgenröte statt (siehe 1, 2 und 3).
Außerdem wird ein Durchschnittswert berechnet, wobei nur 12 Umfragen berücksichtigt werden (weil unter unter den 14 Umfragen zwei Institute doppelt vertreten sind).
Da die allermeisten Institute ihre Ergebnisse in einer Art und Weise veröffentlichen, bei der „100 %“ nicht der Summe aller Parteien entspricht, sondern auch alle oder einige der Befragten, die noch unentschlossen sind oder keine Angaben machen oder einen leeren oder ungültigen Stimmen abgeben wollen, wird im folgenden neben den veröffentlichten Daten der Institute jeweils ein Umrechnungsergebnis dargestellt, bei dem die Befragten, die nicht oder noch nicht für Parteien votieren, herausgerechnet werden. Mangels verläßlicher anderer Anhaltspunkte wird eine schlichte lineare Umverteilung nach folgender Formel vorgenommen: Rohwert der jeweiligen Partei in der jeweiligen Umfrage multipliziert mit 100 dividiert durch die Summe der prozentualen Anteile aller Parteien in der jeweiligen Umfrage.
Da mehrere Institute berichten, daß es vor allem ehemalige SYRIZA-WählerInnen sind, die noch unentschieden sind, dürfte diese lineare Umrechnungsmethode eine gewisse Verzerrung zulasten von SYRIZA und zugunsten der anderen Parteien bedeuten. Besonders stark fällt diese Verzerrung zugunsten der Parteien aus, von denen zu erwarten ist, daß sie unterdurchschnittlich viele ehemalige SYRIZA-WählerInnen gewinnen werden.
Die sechs Umfragen, die bereits im gestrigen Artikel zu diesem Thema dargestellt wurden:
Die vier Umfragen, die heute Nacht um 1:04 h nachgetragen wurden:
Und die vier Umfragen, die heute noch hinzugekommen sind:
Unter Zugrundlegung der Umrechnungswerte lassen sich diese Umfragen wie folgt zusammen, wobei ich von den Instituten Pulse und ProRata jeweils nur die neuere deren jeweils zwei Umfragen aus dieser Woche berücksichtige:
Die Werte für die „Sonstigen“ sind vor allem in Bezug auf ANTARSYA von Interesse, die in drei der 12 Umfragen einzeln ausgewiesen wird. Eine Umfrage gibt (roh) 1 % an (erste Pulse-Umfrage: 1,5 %), die zweite 1,2 % und die dritte 1,3 % (keine Umrechnung erforderlich).
Umgerechnet ergibt dies für die ersten beiden Umfragen 1,2 bzw. 1,5%. Dies würde für ANTARSYA gegenüber dem Jan. (0,6 %) mindestens als eine Verdoppelung bedeuten.
Als Durchschnitt aller 12 Umfragen ergibt sich folgende Tabelle:
Anmerkung:
Der Abstand von 0,6 Prozentpunkten zwischen SYRIZA und ND entspricht ziemlich genau dem, was auch Bloomberg Business heute Morgen anhand von 10 Umfragen und mit anderer Darstellungsweise („100 %“ enthaltenen auch die Unentschlossenen) ermittelte (0,6 Prozentpunkte Abstand).
Hinweise auf etwaige Fehler sind wie immer gern gesehen.
Quellen für die vier neusten Umfragen (mehr…)
[Siehe statt des hiesigen Artikel die dortige aktuellere Darstellung für 14 Umfragen dieser Woche.] (mehr…)
Das neue deutschland schreibt gerade:
„Die Zahlen der meisten Institute künden seit Wochen von einem engen Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der linken SYRIZA und der konservativen Nea Dimokratia. So unterschiedlich die Werte der jeweiligen Umfragen auch sein mögen, der Abstand beträgt seit Ende August meist nur noch Zehntelprozentpunkte […]. Es gibt aber auch noch andere Umfragen, und in denen sind die Erfolgsaussichten von Meimarakis weit weniger groß. Die linke Zeitung der Redakteure »Efsyntakton« veröffentlichte dieser Tage Zahlen, laut denen SYRIZA mit 28 Prozent recht deutlich vor der Nea Dimokratia liegt, die 24 Prozent erhält. Das Institut, Prorata, hatte auch in zuvor schon die griechische Linkspartei stets klar vor den Konservativen gesehen – Anfang September etwa mit einem Vorsprung von 28,5 zu 23 Prozent.
Ähnliche, also von der Mehrheit der Institute abweichende Ergebnisse, findet man ebenso beim Thinktank Bridging Europe. Auch hier wird »ganz normale« Demoskopie betrieben: repräsentative Telefonbefragung unter Wahlberechtigten. Laut der jüngsten Zahlen von Bridging Europe vom vergangenen Wochenende liegt SYRIZA mit 27,4 Prozent klar vor der Nea Dimokratia, die nur auf 20,4 Prozent kommt; bei einer vorausgegangenen Umfrage von Anfang September betrug der Vorsprung ebenfalls über sieben Prozent.“
Der ND-Artikel vermutet hinsichtlich der meisten Umfragen:
„Mit einer Höherbewertung der Nea Dimokratia könnte das Wählerverhalten beeinflusst werden. Eine wahrgenommene Erfolgsaussicht erhöht die Bereitschaft, sich der voraussichtlich erfolgreichen Handlungsweise anzuschließen – in diesem Fall: Nea Dimokratia zu wählen, den zumindest medial zum Aufsteiger erklärten Herausforderer von SYRIZA.“
Berücksichtigt werden sollte m.E. aber noch, daß
++ die Werte für SYRIZA in allen Umfragen nicht so stark von einander abweichen.
Der Vorsprung von SYRIZA in den beiden im Artikel genannten Umfragen ergibt sich daraus, daß
Das heißt: Beide Umfragen weichen zwar von den meisten anderen Umfragen ab; aber sie stimmen auch nicht mit einander überein (was m.E. auch nicht gerade für deren Validität spricht).
Und der Bandwagon-Effekt (mehr…)
Es gibt mittlerweile drei Umfragen, die zumindest teilweise nach der Fernsehdebatte am Montagabend (siehe 1 und 2) zwischen den Parteichefs von SYRIZA und ND durchgeführt wurden (bereits in der vergangenen Woche fand eine Debatte zwischen den Vorsitzenden von allen im Parlament vertretenen Parteien mit Ausnahme der Goldenen Morgenröte statt (siehe 1, 2 und 3):
[Siehe statt der hiesigen Darstellung am besten der Einfachheit halber gleich die dortige aktuellere und genauere Darstellung unter Berücksichtigung von sechs Umfragen aus dieser Woche. TaP – 17.09.15; 21:25 h.] (mehr…)
Heute wurden zwei neue Umfragen veröffentlicht – eine vom Institut ProRata für die Zeitung EfSyn (über diese berichtete ich bereits heute Nachmittag) und eine zweite vom Institut MetronAnalysis für die Zeitung Parapolitika (um diese soll es hier vorrangig gehen). (mehr…)
Die linke (SYRIZA-nahe?) griechische Zeitung EfSyn (via ekathimerini.com) hat neue Umfrageergebnisse veröffentlicht – und zwar ziemlich abweichend von den meisten anderen Umfragen: (mehr…)
Am Samstag und den Tagen zuvor sah es – wegen recht hoher Umfrageergbnisse für die „Sonstigen“ – so aus, als könnte ANTARSYA in die Nähe der 3 %-Hürde kommen. Wie schon in meinen Ergänzungen (Kommentaren) unter dem alten Artikel und dem Überblick vom Sonntag deutlich deutlich geworden ist, fand dieser Stand der Dinge in den späteren Umfragen keine Bestätigung.