Im Laufe des gestrigen Mittwochs sind drei neue Umfragen zu den anstehenden Wahlen in Griechenland veröffentlicht worden (siehe dazu bereits meinen dortigen und die nachfolgenden Kommentare). – Für zwei dieser drei Institute ist es bereits die zweite Umfrage, seitdem es die LAE / „Volkseinheit“ gibt. Diese drei (und die vorhergehenden) Umfragen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Die drei neuen Umfragen bestätigen den Trend der bereits am Wochenende veröffentlichten Umfragen: In keiner der veröffentlichten Umfragen kommt SYRIZA (im Jan. 2015: noch 36,3 %) anhand der veröffentlichten Werte auf über 30 %.
- Auch wenn ND ebenfalls verlieren dürfte, dürfte der Vorsprung von SYRIZA vor ND knapper ausfallen als noch im Jan. (damals: 8,5 %). Bei der zuletzt veröffentlichten Umfrage erreicht ND sogar einen kleinen Vorsprung von 25,3 zu 25 %).
- Bisher sieht es so aus, daß neben der LAE in Form der Zentrumsunion eine weitere Partei neu ins Parlament einziehen wird.
- Die LAE wird ins Parlament kommen, auch wenn sie bei manchen Umfragen, die einen hohen Anteil von noch Unentschlossenen ausweisen, nur knapp über 3 % (aller Befragten) liegt. Aber sie ist weit davon entfernt, ihren Anspruch erfüllt zu bekommen, die 61,5 % OXI-Stimmen des griech. Referendums vom 5. Juli zu repräsentieren oder auch nur die SYRIZA-Stimmen vom Jan. 2015 zu beerben.
- Zwei Institute weisen den Stimmanteil von ANTARSYA aus und kommen auf mehr als eine Verdoppelung des Stimmanteils von ANTARSYA gegenüber der Wahl vom Jan. 2015. Da auf ANTARSYA ein erheblicher Anteil der sonstigen Stimmen in den anderen Umfragen entfallen dürfte (und ANTARSYA bei früheren Wahlen teilweise auch schon besser abschnitt als im Jan. 2015), erscheint eine Stimmverdoppelung zumindest nicht ausgeschlossen.
- Bei den meisten Instituten sieht es so aus, daß SYRIZA + LAE weniger Stimmen als SYRIZA allein im Jan. erhalten werden und diese Stimmenverluste auch durch Stimmengewinne von KKE und ANTARSYA nicht vollständig ausgeglichen werden.
- Auch für die Nazi-Partei Goldene Morgenröte kommen die meisten Institute erfreulicherweise zu keinen (großen) Gewinnen.
- Allerdings gibt es ein Institut, daß in zwei Umfragen sowohl für die Goldene Morgenröte als auch die LAE auf deutlich höhere Werte als die allermeisten anderen Institute kommt. Und nach den Umfragen dieses Institutes sind SYRIZA und LAE – ebenfalls abweichend von allen anderen Instituten – im Moment auch stärker als SYRIZA (allein) im Jan. – Ein weiteres Institut stimmt mit diesem Institut hinsichtlich G. Morgenröte und LAE in etwa überein; kommt aber für SYRIZA auf deutlich schlechtere Werte, die nach diesem Institut sogar deutlich hinter ND liegt.
Während die ersten beiden am Mittwoch veröffentlichten Umfrage (1 und 2) ausschließlich nach der Parteienpräferenz fragen, hatte das dritte Institute, auch andere interessante Fragen gestellt. Ich kann mich allerdings für das Folgende ausschließlich auf die ‚Übersetzung‘ durch translate.google.com stützen. Danach:
- kommt der LAE-Chef Panagiotis Lafazani bei einer Frage nach der Beliebtheit (bei der die ND- und SYRIZA-Chefs in der unteren Hälfte der 40er % liegen immerhin auf 23,4%)
- Nur gut 30 % beurteilen das neue Memorandum als positiv oder eher positiv; was dagegen knapp 70 % umgekehrt sehen; es gibt fast keine unentschiedenen Befragten. – Unter den SYRIZA-WählerInnen (!) liegt die „positiv“– oder „eher positiv“-Quote aber bei fast 55 %.
- Es glauben aber nur 43,3 % der Befragten, daß es eine Alternative zum neuen Memorandum gibt (das dürften ungefähr die WählerInnen von LAE, KKE, ANTARSYA und einigen Kleinstparteien auf der Linken, der G. Morgenröte auf der Rechten sowie ungültig und Nicht-Wählenden sein – also ein Spektrum das keinesfalls irgendwie politisch zusammen artikuliert werden kann), während dies eine Mehrheit von 53,1 % verneint.
- Fast 42 % der WählerInnen wünschen sich eine All-Parteien-Regierung; nur 6 % eine erneute SYRIZA-/ANEL-Regierung, fast 6 % eine SYRIZA-/Potami-/PASOK-Regierung und 17,7 % eine ND-/Potami-/PASOK-Regierung (also eine Mitte-Rechts-Regierung unter Ausschluß SYRIZA) und nur 14,5 % wünschen sich irgendeine andere Regierungskonstellation (oder vllt. auch ‚Anarchie‘). Darunter dürfte ein erheblicher Anteil von Leuten sein, die sich eine Rechtsaußen-Regierung wünschen (G. Morgenröte allein oder G. Morgenröte + x) sowie Leute, die unschlüssig sind – und die Vorstellung einer wie auch immer gearteten ‚Links‘regierung (LAE + KKE + ANTARSYA + vllt. sogar SYRIZA) ist für die allermeisten Leute völlig unattraktiv (oder undenkbar). - Das finde ich zwar sehr schade, aber das müssen sich alle Linken erst einmal reinziehen – und ich halte überhaupt nichts von Verschwörungstheorien, die behaupten, daß alle Umfragen eh manipuliert seien.
1. Trotz dieser unerfreulichen Umfrageergebnisse halte ich die Politik von Tspiras weiterhin für falsch, denn ich hatte deutlich schlechtere Konsequenzen einer SYRIZA-Regierung erwartet (starke Gewinne der G. Morgenröte; völliger Zusammenbruch der reformistischen Linken, ohne relevante Gewinne der revolutionären Linken). Die Gründe meiner Ablehnung der Tsipras-Politik habe ich mehrfach dargelegt und bleiben von den Umfrageergebnissen unberührt:
Über die Dringlichkeit, die Verhältnisse zu ändern
https://linksunten.indymedia.org/de/node/151405
und
»Ehe man an die nötige Tat herangeht«. SYRIZA-Debatte: Kein Strategiewechsel ohne Truppen-Reorganisation. Zum Verhältnis von Handeln und Denken nicht nur in Griechenland
http://www.neues-deutschland.de/artikel/979085.ehe-man-an-die-noetige-tat-herangeht.html
2. Und die Gründe meiner Distanz gegenüber der LEA- / „Volkseinheits“-Linie:
http://www.trend.infopartisan.net/trd0915/t230915.html
werden von den Umfrage-Ergebnisse eh eher bestätigt als in Frage gestellt.
Noch ne neue Umfrage:
http://www.ekathimerini.com/201136/article/ekathimerini/news/opinion-polls-suggest-election-surprise-may-be-on-the-cards
Aber damit befasse ich mich jetzt nicht mehr…
PS.:
Und dazu doch noch:
http://www.electograph.com/2015/09/greece-september-2015-pulse-rc-poll.html
Noch eine Ergänzung zu dem Artikel (zu Umfrage 3 von gestern) – einen interessanten Wert hatte ich heute Nacht vergessen mitzuteilen:
Wie in dem Artikel gesagt, halten (nur / immerhin) gut 40 % eine wie auch immer geartete, von ihnen für positiv gehaltene Alternative zum neuen Memorandum für denkbar. Aber – und das ist jetzt die zusätzliche Info – auf die Frage, ob Griechenland „um jeden Preis“ in der Eurozone bleiben solle, antworten gut 75 der Befragten mit „Ja“, aber nur 22,5 % mit „Nein“ und der kleine Rest weiß es nicht oder beantwortet die Frage nicht.
Diese 22,5 % dürften sich ziemlich stark mit den – im obigen Artikel erwähnten – 23,4 % überschneiden, die bei der Popularitäts-Frage Lafazanis nennen. Damit dürfte in etwa das Spektrum umschrieben sein, daß die LAE zur Zeit maximal mobilisieren könnte.
Und die Differenz zwischen diesen ca. 23 % maximales LAE-Potential und den am Anfang dieses Kommentars genannten gut 40 % dürften entfallen:
-- einerseits auf Rechte (ca. 10 %), deren ‚positive Alternative‘ zum dritten Memorandum ‚Ausländer raus, aber in der Eurozone drinbleiben‘ oder so ähnlich lauten dürfte
-- und andererseits die Linken (deutlich weniger), die sich – aus welchen Gründen auch immer (darunter die aus dem KKE- und ANTARSYA-Spektrum, denen eine Revolution sehr viel wichtiger ist, als der Name der Währung) irgendeine andere Memorandums-Alternative als Grexit vorstellen
-- und ein paar Leute, die keine genaue Vorstellung haben oder sich irgendwo dazwischen verorten.
Also auch hier noch einmal das Resultat: Für die eingangs genannten gut 40 % gibt es (bisher) keine gemeinsames politisches Projekt; das 1/4 Rechte unter diesen 40 % wird sehr langfristig nicht für auch nur irgendetwas Linkes zu gewinnen sein.
Reuters bringt jetzt englischen Text zu der dritten neuen Umfrage des gestrigen Textes:
http://www.reuters.com/article/2015/09/03/us-eurozone-greece-election-idUSKCN0R31H020150903
Ein weiteres Institut hat jetzt seine zweite Umfrage seit Entstehung der LAE veröffentlicht (die Befragung war gestern und vorgestern; die für die vorhergehende Umfrage war vom 31. 8. – 1.9. – deren Ergebnisse sind im folgenden in Klammern genannt):
++ SYRIZA halbes Prozent (1 %) vor ND
++ KKE nur 5 % und LAE 4 % (beide unverändert)
++ Zentrumsunion über und ANEL unter 3 % (Zentrumsunion vorher genau 3 %)
++ Sonstige (einschl. ANTARSYA) 2 % (1,5 %)
++ Enthaltungen & Ungültige 6 % (5,5 %)
++ Noch unentschieden: 10 % (10,5)
++ In der alten Umfrage: KIDISO (hat sich inzwischen nicht zu kandidieren) 1 %.
100 % = alle Befragten; Werte der einzelnen Parteien können also – in Bezug auf die spätere Wahl – rechnerisch entsprechend erhöht werden.
Den Text-Erläuterung läßt sich – Dank google-translate – entnehmen:
+ Die Hälfte der im Moment unentschlossenen WählerInnen wählte im Januar SYRIZA. Das heißt: Es dürfte wahrscheinlich sein, daß diese Stimmen am Ende jedenfalls nicht an die alten Memorandums-Parteien fallen, sondern entweder bei SYRIZA bleiben – oder an die Goldene Morgenröte oder aber die Memorandums-GegnerInnen links von SYRIZA (KKE, LAE, ANTARSYA) fallen.
++ Auch in dieser Umfrage antworten wieder mehr als 50 % der Befragten (sogar noch rund 5 % mehr als in der gestern von mir besprochenen Umfrage eines anderen Instituts), daß sie der Ansicht sind, daß die Regierung „nicht umhin konnte“ das neue Memorandum zu akzeptieren.
Link zur Umfrage:
http://www.topontiki.gr/article/141361/dimoskopisi-tis-pulse-rc-gia-pontikigr-eimaste-mono-stin-arhi
Vorhergehende Umfrage des gleichen Instituts:
http://www.iefimerida.gr/news/223994/dimoskopisi-pulse-apolyto-ntermpi-metaxy-syriza-nd
Es gibt die nächsten drei Umfragen:
1.
die heute Morgen schon erwähnte von Voice:
http://hellasforce.com/2015/09/04/
2.
http://www.ekathimerini.com/201200/article/ekathimerini/news/new-democracy-pulls-ahead-of-syriza-opinion-poll-finds
3.
http://www.bridgingeurope.net/nationwide-poll-towards-snap-elections-in-greece---september-4-2015.html
Dort ist mir zunächst einmal dies:
aufgefallen – ich müßte es mit den Worten „Unzufrieden, aber nichts links“ zusammenfassen… -
Nähere Analysen folgen.
Und noch eine neue Umfrage (heute, 17:06 h) – mit ND-Vorsprung:
http://www.parapolitika.gr/article/317467/provadisma-08-tis-neas-dimokratias-se-dimoskopisi-tis-metron-gia-ta-parapolitika
Und noch zwei neue Umfragen – eine auch mit Wanderungsanalyse:
Margarita Tsomou
und
http://www.skai.gr/files/1/maira/pamak_1-3_septemvriou.pdf (auch mit Daten zu weiteren Fragen):
++ SYRIZA und ND gleichauf.
++ KKE 6 %, LAE 4 %.
++ Sonstige (u.a. ANTARSYA): 3 %.
++ Zentrumsunion über, ANEL unter 3 %.
++ 10,5 % sind weiterhin unentschlossen und müssen also auf die Werte der einzelnen Parteien umverteilt werden, wenn es nicht um ein aktuelles Stimmungsbild, sondern eine Wahlergebnisprognose gehen soll.
Zu der im vorstehenden Kommentar genannten Umfrage gibt es nun noch diese engl.sprachige Meledung:
(http://www.ekathimerini.com/201215/article/ekathimerini/news/identical-ratings-for-syriza-nd-suggests-new-poll)
Die in der Meldung genannten Parteienwerte ergeben zusammen 86,5 %, sodaß wie oben schon geschrieben noch drei Prozent für die Sonstigen (einschl. ANTARSYA) und 10,5 % unentschiedene WählerInnen übrigbleiben.