Am 14.12. veröffentlichte ich im NaO-Prozeß-blog meine Bilanz des NaO-Prozesses (.pdf-Version des Papiers) unter der Überschrift „Nicht einmal antikapitalistisch ist erst recht nicht revolutionär genug!“1. Diese Bilanz endete wie folgt:
Was haben 2 ½ Jahre Diskussion gebracht? – Hat’s sich gelohnt?
Naja, das Ergebnis ist auf alle Fälle mager:
- Jedenfalls hat der NaO-Prozeß Aufmerksamkeit für Organisierungsfragen auch über die unmittelbar Beteiligten hinaus geschaffen – wieviel und ob positive Aufmerksamkeit ist freilich schwer zu sagen.
- Ansonsten war es in erster Linie ein Bildungserlebnis: Ich habe viel über den Trotzkismus und seine unterschiedlichen Strömungen gelernt.
- Während sich die inhaltlichen und strategischen Differenzen zu isl, GAM, Revolution, SIB und SoKo nicht überwinden ließen und teilweise sogar als tiefer als ursprünglich gedacht herausgestellt haben, haben sich mit IBT, InterKomms, [paeris] und RSB2 sowie (soweit es nicht um das Geschlechterverhältnis geht) mit dem Genossen systemcrash immerhin eine ganze Reihe von politik-methodischen Gemeinsamkeiten und auch einige grundlegende inhaltliche Übereinstimmungen in der Essential-Diskussion ergeben. Ob sich diese Gemeinsamkeiten vertiefen und in einen eigenen gemeinsamen Organisierungsprozeß umsetzen lassen, wird sich erst noch zeigen müssen. – Bisher ist auch das Lesen von Texten dieser vier Gruppen, vor allem ein Bildungsergebnis, dem einige fraktionelle Treffen folgten, die jetzt fortgesetzt werden sollen.
- Mit den politischen Interventionen in Sachen europäischer Streik- und Aktionstag N-14 am 14. November 2012 und LL- bzw. Rosa- und Karl-Demo 2013 konnten die am NaO-Prozeß beteiligten Gruppen ein paar Akzente setzen; ansonsten handelte es sich bei der politisch-praktischen Seite des NaO-Prozesses um das übliche Klein-Klein, das nicht groß der Rede Wert ist.
- Was schließlich das SIB-NEP [das „Na endlich“-Papier der Sozialistischen Initiative Berlin (SIB)] anbelangt: Im Schielen auf die vermeintlichen „Massen“ wurden in den 2 ½ Jahren dessen wichtigsten und nach wie vor richtigen Gedanken preisgegeben:
- Daß es sich um eine revolutionäre Organisation handeln solle: „Die neue Organisation wird revolutionär sein oder sie wird gar nicht sein.“ (SIB-NEP) – Nun soll es statt dessen eine reformisisch-revolutionäre Mischorganisation werden.
- Daß es sich um eine spektren-übergreifende Organisation von „‚Marxismus’ und ‚Autonomie’, Links-Sozialisten / Links-Kommunisten und Bewegungslinke“ handeln solle: „Das neue Projekt wird vielleicht alles mögliche, aber sicher nicht ‚trotzkistisch’.“ (SIB-NEP) – Nun definieren statt dessen die TrotzkistInnen der SIB und der GAM den NaO-Charakter.
- Daß eine Organisation nicht einfach aus dem Boden gestampft werden kann: „Eine revolutionäre Organisation ist kein voluntaristischer Akt, kann nicht einfach proklamiert werden, […]“10 / „Seriosität vor Tempo“ (SIB-NEP). – Nun wird statt dessen eine „NaO“-Gründung durch vier Gruppen auf dünner programmatischer Grundlage über’s Knie gebrochen.
- Die Kombination von Minimalkonsens-Methode (revolutionäre Essentials) und ernsthafter Diskussion und Annäherung hinsichtlich der weiteren Fragen als Methode, um die Voraussetzungen für eine Organisationsgründung zu schaffen: „Für uns gibt es nur 5 unverhandelbare Punkte: […]. Über alles andere müssen wir reden.“ / „‚Ernsthaft’ hieß[e] für uns u. a., nicht nur das zu wiederholen, was wir immer schon gesagt haben, sondern uns auch mit dem auseinanderzusetzen, was die potentiellen Partner meinen.“ / „Ohne theoretische Reflexion und Weiterentwicklung geht’s nicht. Apropos theoretische Weiterentwicklung: Das Papier ist eh schon viel zu lang und trotzdem gibt’s noch jede Menge Diskussionsbedarf: […].“ (SIB-NEP) – Statt dessen wurde die Essential-Diskussion ohne Beschlußfassung und ohne Begründung abgebrochen und statt dessen das Manifest ohne Konsens und ohne gründliche Diskussion durchgedrückt.
Die NAO, die nun SIB, GAM & Co. gründen wollen, wird nicht revolutionär sein, auch wenn subjektive RevolutionärInnen in ihr mitmachen werden; sie wird nicht spektren-übergreifend sein, sondern weit überwiegend aus (Ex-)TrotzkistInnen und ein paar anderen TraditionsmarxistInnen bestehen. Sie wird gegründet werden, ohne daß ausreichende inhaltliche Gemeinsamkeiten vorhanden sind – sei es auch nur zwischen den GründerInnen oder gar allen bisher am NaO-Prozeß Beteiligten. Ihr ging keine ernsthafte Diskussion und theoretische Reflexion voraus, sondern nur ein schlichter – und nicht besonders sorgfältiger (s. oben FN 6 und 7) – Positionsabgleich zwischen SIB und GAM; und alles jenseits des vermeintlichen SIB/GAM-Konsens wurde argumentlos weggedrückt.
Das SIB-NEP erwies sich daher leider als Nepp-Papier!
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Vgl. zum gleichen Thema aktuell (vom 08.02.2014) von systemcrash:
http://systemcrash.wordpress.com/2014/02/08/aktivistischer-voluntarismus/.
- Die Überschrift greift die Überschrift meines Artikels Antikapitalistisch ist nicht revolutionär genug! vom Anfang der NaO-Debatte wieder auf. [zurück]
- Vgl. dazu jetzt dort: http://neoprene.blogsport.de/2014/02/15/aber-das-wichtigste-ist-organisierung/#comment-99160 in meiner Antwort „@ Amelie“. [zurück]
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