A. Ist wahr, was die NAO behauptet?
1. Stehen die Herrschenden mit dem Rücken an der Wand; können sie (fast) nicht mehr?
„wir [haben] es nicht nur mit einer ‚normalen‘ zyklischen Überproduktionskrise, sondern mit einer andauernden strukturellen Verwertungskrise des Kapitals zu tun“ (S. 4).
„die Krise des Kapitalismus ist […] eine Krise der gesamten globalen kapitalistischen Ordnung“ (S. 5).
Und folglich sind „die LobrednerInnen der Marktwirtschaft, der kapitalistischen Globalisierung und der bürgerlichen Demokratie leiser geworden.“ (S. 3).
2. Wollen die Beherrschten und Ausgebeuteten nicht mehr?
Es „braucht […] ein grundlegend anderes System von Produktion und Verteilung, […]. Immer mehr Menschen erkennen das: die Streikenden in Madrid und Lissabon, die Protestierenden in Athen und Rom und die Menschen, die im ‚Arabischen Frühling‘ ihre Potentaten gestürzt haben“ (S. 3).
„die Krise des Kapitalismus ist […] auch eine der Legitimation“ (S. 5).
„Ein paar Euro mehr Hartz-IV bedeuten den ‚finanziellen Untergang‘ der BRD, aber über Nacht ein paar Milliarden für die Banken sind kein Problem – so was untergräbt auf Dauer auch die stabilste Massenloyalität“ (S. 5).
3. Fehlt jetzt nur noch eine NAO?
„Proteste allein nicht reichen. Ohne […] eine glaubhafte gesellschaftliche Alternative und ohne organisierte Kraft, die den Widerstand bündeln kann, enden all diese Kämpfe in einer Sackgasse. Dieses Manifest ist“ – zwar noch – „keine Gründungserklärung für eine bundesweite Neue Antikapitalistische Organisation (NAO),“ aber „ein erster Schritt zu einer späteren Organisation.“ (S. 3)
B. Oder ist vielmehr wahr, was die Gruppe Revolutionäre Perspektive Berlin behauptet?
1. Die Herrschenden sitzen weiterhin ziemlich im Sattel!
„Der Kapitalismus ist in der Krise, sein Subjekt – die kapitalistische Klasse – ist es jedoch noch lange nicht, sie ist hervorragend auf allen Ebenen organisiert, vor allem auf der polizeilichen und der militärischen. Dem Verfall ihrer Legitimität werden eine umfassende und differenzierte Propagandaindustrie und ein umfangreiches Gerüst aus Überwachung, Kontrolle und Repression entgegengesetzt.“ (http://perspektive.nostate.net/ueber_uns)
„Die mit dem Ausbruch der Krise entstandene Hoffnung vieler Linker, auf grundlegende Veränderung wurde nicht bestätigt.“ (S. 2, Sp. 1)
„Das Kapital ist anpassungs- und integrationsfähiger als viele dachten und die bisherigen Klassenkämpfe endeten lediglich mit einer Umstrukturierung innerhalb der bestehenden Klassenverhältnisse, ohne diese aufzuheben.“ (S. 2, Sp. 2)
2. Die Beherrschten und Ausgebeuteten sind weit, weit von antikapitalistischem, geschweige denn revolutionärem Bewußtsein entfernt!
„Über das Wissen um die Klassenverhältnisse und damit das Klassenbewusstsein hat sich der Staub des Vergessens gelegt.“ (S. 2, Sp. 1)
„Obwohl sich eine oberflächliche Kritik am Kapitalismus breit macht und viele die soziale und politische Ungerechtigkeit beklagen, bleibt die kollektive Gegenwehr auf betrieblicher, gewerkschaftlicher und politischer Ebene schwach – die Passivität dominiert.“ (S. 2, Sp. 1)
„Kollektives und solidarisches Handeln setzen […] einiges voraus und werden in dieser Gesellschaft nicht gerade nahegelegt. Gerade die Krisenentwicklung verunsichert viele Menschen besonders wenn emanzipatorische Orientierung und Organisierung fehlen, so dass auch irrationale Weltbilder um sich greifen. Die Umbrüche der Sozialverhältnisse, Ausdehnung prekärer Arbeits- und Lebensformen und Existenzangst treiben viele Menschen in die Arme rechter Populisten, weil sie sich von den reaktionären und autoritären Kräften Sicherheit und Bewältigung der Krise erhoffen, die sie einer ‚korrupten bürgerlichen Demokratie‘ nicht mehr zutrauen. Wo kritisches Bewusstsein und eine widerständige Kultur fehlen, bilden sich aus der Alltagswahrnehmung der gesellschaftlichen Strukturen auch reaktionäre Erklärungsmuster heraus.“ (S. 2, Sp. 3)
3. Erfolge von RevolutionärInnen – geschweige denn: revolutionäre Erfolge – werden keine schnellen Erfolge sein!
„Wir sind keine IllusionistInnen und keine UtopistInnen. Wir erwarten nicht den schnellen Erfolg. Unsere Praxis ist Teil eines langfristigen Prozesses. Ungeduld und Geduld sind unsere ständigen Begleiter. Zwischen dem was wir notwendig und richtig finden und dem was wir schaffen umzusetzen, bleibt mehr liegen als uns lieb ist.“ (S. 4).
Vgl. auch den Artikel von systemcrash:
Aktivistischer Voluntarismus
http://systemcrash.wordpress.com/2014/02/08/aktivistischer-voluntarismus/
Eine weitere Enttäuschung des ewigen Optimismus:
Wieviele von den „ca. 40″ GründerInnen tatsächlich aktiv werden, werden wir dann bald mitbekommen…
* Vgl. dazu meine damalige Replik:
http://theoriealspraxis.blogsport.de/2013/08/14/jetzt-bei-scharf-links-die-naechste-runde-in-der-diskussion-ueber-eine-schnelle-nao-gruendung/
Mal wieder unter den blogsport-TOP 10:
Die InterKomm-Bilanz des NaO-Prozesses wurde im übrigen von der Linken Zeitung gespiegelt:
http://www.linkezeitung.de/index.php?option=com_content&view=article&id=17807%3Anicht-nur-irgendetwas-tun&catid=152&Itemid=187
Ich habe bei neoprene kurz und knapp zusammengefaßt, warum eine Revolutionäre Block-Bildung beim heutigen Stand der Dinge sowohl einer voluntaristischen Organisationsgründung als auch dem getrennt Nebeneinanderherwurschteln vorzuziehen ist:
http://neoprene.blogsport.de/2014/02/15/aber-das-wichtigste-ist-organisierung/#comment-99156
und
http://neoprene.blogsport.de/2014/02/15/aber-das-wichtigste-ist-organisierung/#comment-99160.
Nachtrag v. 20.2.2014:
Vgl. dazu auch noch:
http://theoriealspraxis.blogsport.de/2014/02/17/worueber-sich-revolutionaerinnen-heute-einig-sein-koennten/
Am Dienstag, den 18.02. noch mal auf Platz 9:
Die Diskussion bei neoprene hat seit
http://neoprene.blogsport.de/2014/02/15/aber-das-wichtigste-ist-organisierung/#comment-99190 (17. Februar 2014 um 13:22 Uhr)
und
meiner Antwort:
http://neoprene.blogsport.de/2014/02/15/aber-das-wichtigste-ist-organisierung/#comment-99193 (17. Februar 2014 um 14:30 Uhr)
einige Fortsetzung gefunden:
http://neoprene.blogsport.de/2014/02/15/aber-das-wichtigste-ist-organisierung/#comment-99276 ff. (19. Februar 2014 um 18:56 Uhr)
3 x Gen. „Zeitgeist“ von der NAO (zuletzt heute, 22. Februar 2014 um 15:40 Uhr)
3 x neoprene
und
3 x ich (zuletzt heute, 22. Februar 2014 um 17:05 Uhr und 17:14 Uhr).
Dies sorgte auch hier für einigen traffic und am Donnerstag und Freitag erneut jeweils für Platz 12 im blogsport-Ranking:
und
systemcrash fragt
Wer hat Recht?
und vergleicht das NAO-Manifest mit RSB-Positionen:
http://scharf-links.de/266.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=42657&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=8d7e261a96,
Fortsetzung und Fußnoten dort:
http://systemcrash.wordpress.com/2014/02/20/rsb-nao/.
Siehe zur Krisenanalyse auch noch
Vier Zitate zum Krisen-Begriff
http://theoriealspraxis.blogsport.de/2009/10/29/vier-zitate-zum-krisen-begriff/
1. Eine Krise für die ArbeiterInnenklasse oder für das Kapital?
von Etienne Balibar
2. Wachstums- oder Zusammenbruchskrise?
a) von Christine Buci-Glucksmann
b) von Alain Lipietz
3. Krise – immer nur Krise? – eine Analogie
von Gareth Stedman Jones