@ Neoprene (02. Februar 2014 um 16:24 Uhr)
„Überhaupt ist es ja daneben sich auszudenken, daß wir was auswählen und nicht der bürgerliche Staat.“
1. Bezüglich „Der Staat“ und auch „der bürgerliche Staat“ (jeweils: Kollektivsingular) ist das Gleiche zu sagen, das in der *aze-Broschüre (S. 26 f.) und am vergangenen Sonntag bei dem InterKomm-Workshop-Tag über „die Demokratie“ zu sagen war:
n‘ existe pas / er existiert genauso wenig wie sie!
2. Auch die konkreter Staaten (Plural) der einen oder anderen (faschistischen, bürgerlich-demokratisch, sozialistisch-demokratischen usw.) Form sind weder homogene Subjekte (mit einheitlichem Willen) noch einfach nur der Ausdruck der „Kapitallogik“ oder ähnliches.
3. Unter gewissen Gesichtspunkten kann dem – horribile dictu: sozialdemokratisch-kantianischen – Rechtstheoretiker Hans Kelsen zugestimmt werden, daß Staaten (- anders als die herrschende Lehre sagt – keine juristischen Personen, sondern) „Zurechnungspunkte“ sind: Den unterschiedlichen Staaten werden die Willen und Handlungen ihrer FunktionärInnen (BeamtInnen, Abgeordneten, MinisterInnen, …) zugerecht.
4. Zum dritten Mal (systemcrashs Zitierung mitgezählt: zum vierten Mal) – so langsam könnte ein Gegenargument kommen –: Welche dieser unterschiedlichen Willen bzw. welcher (in der Regel) Willenskompromiß (zwischen diesen unterschiedlichen Willen, die von – horrible dictu: widersprüchlichen – materiellen Verhältnissen determiniert [aber nicht prä-determiniert] sind) durchgesetzt wird, hängt von konkreten historischen Konstellationen und Kräfteverhältnissen, Widersprüchen innerhalb der verschiedenen Klassen, von Bündnispolitiken usw. weiter ab.
Vgl. dazu auch: Louis Althusser, Contradiction and Overdetermination; http://www.marx2mao.net/Other/FM65i.html#s3.5. Da Staaten u.a. Klassenstaaten – politische Formen von gesellschaftlicher, unter anderem Klassenherrschaft – sind, kommen in diesen Konstellationen und Kräfteverhältnisse zwar die Willen von Angehörigen je spezifischer Klassen besser und die von Angehörigen je spezifischer anderer Klassen schlechter zum Zuge. Da aber die gesellschaftlichen Verhältnisse widersprüchlich sind und auch innerhalb der verschiedenen Klassen Widersprüche existieren und da Herrschaft in den allerseltensten Fällen totale Macht auf der einen Seite und totale Ohnmacht auf der anderen Seite bedeutet, spielt Politik, spielt auch Politik der Lohnabhängigen und der KommunistInnen – und zwar bereits lange vor / weit unterhalb der Durchsetzung des Kommunismus – eine Rolle – wenn auch in Form von Bündnissen und Kompromissen mit anderen Klassen(fraktionen) und politischen Strömungen.
6. Deshalb ist es unnötig und falsch, den Form- und Praxisveränderungen bürgerlichen Staaten von kommunistischer Seite mit fatalistischer oder indifferenter Haltung gegenüber zu treten. Politics – and even communist politics – matter – und zwar auch schon unter Herrschaft der kapitalistischen Produktionsweise.
Vgl. zu diesem Problemkreis auch noch:
http://theoriealspraxis.blogsport.de/2009/09/15/warum-ideologie-kein-notwendig-falsches-bewusstsein-ist-und-aus-einer-erkenntnis-nicht-automatisch-eine-bestimmte-politische-haltung-folgt/ (Abschnitt B.I. Kritik an der Reduktion der politischen Praxis auf Agitation sowie Abschnitt B.II. Kritik an der Verneinung des Kampfes um Teilziele und des Unterschiedes zwischen größeren und kleineren Übeln)
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Siehe zum Thema Versammlungsfreiheit auch noch
-- im Zusammenhang mit Blockupy 2012:
http://www.nao-prozess.de/blog/wenn-frankfurt-dann-gegen-repression-und-mit-revolutionaerer-perspektive/ (zur Kritik der Berufung auf das sog. „Verhältnismäßigkeitsprinzip“).
-- im Zusammenhang mit der Blockierung von Nazi-Demonstrationen:
Siehe schließlich (zu den grundlegenden Einsichten Lenins):
und zu Demokratie-Kritik, die – im Unterschied zur gegenstandpunkterlischen Demokratie-Kritik – nicht absurd ist:
Hier noch ein paar Nachträge.
A. http://neoprene.blogsport.de/2014/01/23/demokratie-die-suesseste-versuchung-seit-es-politik-gibt-workshop-tag-in-berlin/#comment-98524
Krim auf der Spur von Eduard Bernstein!
@ Krim (02. Februar 2014 um 15:21 Uhr):
1.
Das ist zwar laut gebrüllt, aber um zu überzeugen, müßtest Du zunächst einmal beweisen, daß
-- sich Kämpfe für Verbesserungen im Bestehenden zu Kämpfen für die Überwindung des Bestehenden
-- wie schwarz zu weiß
und nicht wie – beispielsweise – grau zu schwarz oder rosa zu rot verhalten.
Zwar ist die Beschränkung auf Kämpfe für Verbesserungen im Bestehenden unvereinbar mit dem Kampf gegen das Bestehende. Aber Deine weitergehende These, daß alle Kämpfe für Verbesserungen im Bestehenden – egal, wie sie geführt werden – keine Vorbereitungsfunktion für Kämpfe gegen das Bestehende haben können, müßtest Du nächst einmal beweisen. Deine Analogien könnten dann als Bebilderung des Bewiesenen dienen; aber Analogien können keine Beweisführung in der Sache selbst ersetzen / überflüssig machen.
Zur Begründung meiner Gegen-These, daß Kämpfe für Verbesserungen im Bestehenden sehr wohl eine Vorbereitungsfunktion für Kämpfe gegen das Bestehende haben können, erlaube ich mir, noch einmal auf den dortigen Abschnitt B.II. Kritik an der Verneinung des Kampfes um Teilziele und des Unterschiedes zwischen größeren und kleineren Übeln zu verweisen:
http://theoriealspraxis.blogsport.de/2009/09/15/warum-ideologie-kein-notwendig-falsches-bewusstsein-ist-und-aus-einer-erkenntnis-nicht-automatisch-eine-bestimmte-politische-haltung-folgt/
2.
Oder noch einmal anders gesagt:
a) In der Tat sind diejenigen (d.h.: die ReformistInnen) zu kritisieren, die den Kampf gegen das Bestehende durch den Kampf für Verbesserungen im Bestehenden ersetzen (oder den Kampf gegen das Bestehende noch nie geführt haben).
b) (Fast) genauso falsch ist allerdings, den Kampf für Verbesserungen im Bestehenden durch den Kampf gegen das Bestehende zu ersetzen, bevor der Kampf gegen das Bestehende siegreich geführt werden kann.
Zur Begründung sei auf Lenins Kritiken des „‚linken‘ Radikalismus“ verwiesen.
http://marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1920/linksrad/index.html
Über „linke“ Kinderei und über Kleinbürgerlichkeit
http://kpd-ml.org/doc/lenin/LW27.pdf, S. 315 – 347.
http://theoriealspraxis.blogsport.de/andere/lenin-ueber-lukacs-und-bela-kun/
c) Richtig ist vielmehr, den Kampf für Verbesserungen im Bestehenden und den Kampf gegen das Bestehende gleichzeitig zu führen (solange der letztere noch nicht siegreich geführt werden kann), und dabei den Kampf für Verbesserungen im Bestehenden so zu führen, daß er den Kampf gegen das Bestehende begünstigt und nicht behindert.
Zur Begründung sei auf die diesbezüglichen Ausführungen von Luxemburg und Lenin verwiesen:
Absatz 1 und Halbsatz 1 des zweiten Absatzes von Rosa Luxemburgs Sozialreform oder Revolution?:
Lenin:
B. http://neoprene.blogsport.de/2014/01/23/demokratie-die-suesseste-versuchung-seit-es-politik-gibt-workshop-tag-in-berlin/#comment-98525
@ Krim (02. Februar 2014 um 20:37 Uhr):
Ich werde Dir bestimmt nicht auf jeden noch so absurden Nebenkriegsschauplatz folgen. Daher zu Deinem neuesten Kommentar nur das folgende:
-- bzgl. einfachgesetzlichem Verbot der sog. „Passivbewaffnung“ und grundgesetzlicher Versammlungsfreiheit:
1.
„Ist mir doch scheißegal auf welcher Ebene der Staat seine Verbote erlässt.“
Das mag Dir „scheißegal“ sein, in der gesellschaftlichen Wirklichkeit und politischen Praxis bedeutet es sehr wohl einen Unterschied, ob
++ die Polizei ad hoc die Verfassung uminterpretiert oder die verfassungsrechtliche Versammlungsfreiheit von vornherein sehr eng definiert ist,
++ oder aber die verfassungsrechtliche Versammlungsfreiheit weit definiert ist und erst – bei entsprechenden Mehrheitsverhältnissen – durch einfach-gesetzliche Regelungen zulässig eingeschränkt wird, was die Möglichkeit einschließt, dagegen Protest zu organisieren, BündnispartnerInnen zu gewinnen und unter Umständen eine solche Einschränkung zu verhindern. – Wie schon gesagt: Im Falle der sog. „Passivbewaffnung“ gelang dies nicht; in anderen Fällen schon.
2.
„Wenn der ‚Schutzbereiches der Versammlungsfreiheit auf Verfassungsebene‘ durch nachträgliche Beschränkungen auf gesetzlicher Ebene so verändert wird, dass mir die Wahrnehmung dieser Freihiet die Alternative zwischen Leben, Unversehrheit und Tod, Versehrheit aufmachen, dann ist davon halt n i c h t s zu halten.“
„Der Staat bläst dir dein Lebenslicht aus, weil du wagst dich zu versammeln“
Tja, nur ist das halt in der BRD und anderen Demokratien und Halb-Demokratien gar nicht der Fall! Wenn Du Dich an bestimmte – hier mehrfach dargelegte – Regeln hälst, kannst Du Dich weitgehend unbeschadet für Deine körperliche Unversehtheit und erstrecht Dein Leben (1.) versammeln und (2.) für den Gegenstandpunkt schreiben, ihn herausgeben, seine Hefte kaufen und verkaufen, sie lesen und zitieren, usw. usf.
-- überhaupt zur Versammlungsfreiheit:
3.
„Ich sagte auch nicht es gäbe keine Versammlungsfreiheit, sondern ich sagte, dass Versammlungsfreiheit der hinterletzte Scheißhaufen ist“
„Wer sagte denn, dass sich der Staat einen Widerspruch leistet.“
Vielmehr suggerierte Neoprene anhand von Beispielen wie dem Verbot der sog. Passivbewaffnung und dem ‚Paris-Massaker‘, daß die Versammlungsfreiheit in (bürgerlichen) Demokratien das Papier nicht Wert sei, auf dem sie steht; d.h.: daß sich der Staat nicht an sein Versammlungsfreiheits-Versprechen halte. Dem widersprach ich, und meinem Widerspruch widersprachst Du wiederum – nur beruht Dein Widerspruch auf einer Verkennung von Inhalt und Reichweite der Versammlungsfreiheit:
-- zu dem Umstand, daß Versammlungsfreiheit kein Recht zum bewaffneten Aufstand ist:
4.
„Sowas [wie ich schreibe, TaP] könnte auch in der Pressekonferenz von einem Pressesprecher der Polizei geäußert werden.“
Mag schon sein, was aber nur zeigt, daß selbst Polizeipressesprecher ein realistischeres Verständnis von Inhalt und Reichweite der Versammlungsfreiheit haben als Du!
-- zu den vermeintlichen „Folgen“ der Versammlungsfreiheit:
5.
„Die Frage ist doch warum die Unterschiede mit und ohne Versammlungsfreiheit überhaupt interessieren, wenn du dich bloß mit den negativen Folgen der Versammlungsfreiheit herumschlagen musst.“
Daran ist schon die Vorstellung falsch, daß Grenzen und Beschränkungen der Versammlungsfreiheit „Folgen“ der Versammlungsfreiheit seien. Zutreffend ist zwar, daß Versammlungsfreiheit nicht – ohnehin illusorische – Freiheit an und für sich ist; aber der konkrete Umfang von Grenzen und Beschränkungen der Versammlungsfreiheit ist keine automatische „Folge“ der Existenz von Versammlungsfreiheit, sondern das Ergebnis von politischen Auseinandersetzungen über diese Frage – also Resultat der nun schon mehrfach erwähten konkreten historischen Konstellationen, Kräfteverhältnisse usw.
-- generell zur Wichtigkeit der juristischen Formen:
„Hechelst den juristischen Unterscheidungen der Staatsgewalt hinterher, als würden deren juristische Kniffe die Sache verändern.“
Warum (nicht nur hinsichtlich des Unterschiedes zwischen bürgerlicher und sozialistischer Demokratie – siehe dazu meine Ausführungen bei dem InterKomm-Workshop am 26.1. –, sondern) auch im Antirep-Kampf die Form wichtig ist, siehe dort:
http://interkomm.so36.net/archiv/2008-08-30/nse.pdf, S. 39 f. (im Abschnitt VI.: „Die (Rechts)Form ist wesentlich“)
http://www.trend.infopartisan.net/trd1108/D_G_Schulze_Vortrag.pdf;
vgl. auch:
http://www.trend.infopartisan.net/trd0508/Buko%20GSR-Debatte_KURZ-FIN.pdf.
C. Diverses
a) Meine Antwort von 3. Feb 2014 um 12:19 (auf Krim – 03. Februar 2014 um 11:51 Uhr):
http://neoprene.blogsport.de/2014/01/23/demokratie-die-suesseste-versuchung-seit-es-politik-gibt-workshop-tag-in-berlin/#comment-98550
und
b) ein Auszug aus dem Abschnitt B.II. Kritik an der Verneinung des Kampfes um Teilziele und des Unterschiedes zwischen größeren und kleineren Übeln meines Textes:
http://theoriealspraxis.blogsport.de/2009/09/15/warum-ideologie-kein-notwendig-falsches-bewusstsein-ist-und-aus-einer-erkenntnis-nicht-automatisch-eine-bestimmte-politische-haltung-folgt/
c) Ergänzend verweise ich dort zur Begründung der These, daß für Verbesserungen im Bestehende Vorbereitungsfunktion für Kämpfe gegen das Bestehende haben können, auf:
Sodann ging es wie folgt weiter:
1. Ich antwortete auf einen Kommentar von Ben Richards (vom 03. Februar 2014 um 7:11 Uhr) mit einem Kommentar, den ich hier im blog als eigenständigen Artikel gepostet habe:
Staaten – Staatsgewalt – Kräfteverhältnisse
http://theoriealspraxis.blogsport.de/2014/02/03/staaten-staatsgewalt-kraefteverhaeltnisse/
2. systemcrash hat sich bei Facebook noch mal zu unserem Thema zu Wort gemeldet; Neoprene hat das Statement dokumentiert:
http://neoprene.blogsport.de/2014/01/23/demokratie-die-suesseste-versuchung-seit-es-politik-gibt-workshop-tag-in-berlin/#comment-98557
3. Auf einen Kommentar von Krim (vom 03. Februar 2014 um 4:08 Uhr) antwortete ich bei Neoprene wie folgt:
4. Mein letztes Statement unter dem fraglichen Artikel im blog Neoprene beginnt und endet wie folgt:
Den Text dazwischen habe ich hier im blog als eigenständigen Artikel gepostet:
@ GSP: „Gegenstandpunkt“ und Leninismus: Kontroversen und Scheinkontroversen
http://theoriealspraxis.blogsport.de/2014/02/03/gsp-gegenstandpunkt-und-leninismus-kontroversen-und-scheinkontroversen/
Bei Neoprene gibt es jetzt noch einen sehr schönen Kommentar von
AgneS (06. Februar 2014 um 13:08 Uhr)
http://neoprene.blogsport.de/2014/01/23/demokratie-die-suesseste-versuchung-seit-es-politik-gibt-workshop-tag-in-berlin/#comment-98674
und
eine kurze Antwort von Neoprene selbst darauf:
Neoprene (06. Februar 2014 um 14:28 Uhr)
http://neoprene.blogsport.de/2014/01/23/demokratie-die-suesseste-versuchung-seit-es-politik-gibt-workshop-tag-in-berlin/#comment-98675
AgneS hat noch mal nachgelegt und auf die Kommentare von Neoprene und Krim geantwortet:
http://neoprene.blogsport.de/2014/01/23/demokratie-die-suesseste-versuchung-seit-es-politik-gibt-workshop-tag-in-berlin/#comment-98684
und
http://neoprene.blogsport.de/2014/01/23/demokratie-die-suesseste-versuchung-seit-es-politik-gibt-workshop-tag-in-berlin/#comment-98685.
I don‘t understand democracy, but i do know this, The only reason it exist is because someone delegated authority to those of weak minds. they knew no one would resist what that person or power had to say because they were a sign of authority. which in my opinion is if there weak and don‘t have any understanding than you have the right to walk them on any path you choose because the lost need direction.