Vorbemerkung v. 23.04.2016:
Der folgende Text erschien am 27. November 2012 unter der Adresse http://www.nao-prozess.de/blog/sollten-frauen-auf-die-nettigkeit-von-maennern-vertrauen/. Da die Webseite – nachdem die NAO Berlin kürzlich schon den anderen an der NAO Beteiligten empfohlen hatte, die NAO aufzulösen – nun (temporär oder dauerhaft) nicht funktioniert, sei der Text hier gespiegelt, da ich ihn gerade für die dortige Diskussion benötige.
Lieber Dieter,
1.
„Der Fehler der ‚Haupt- und Nebenwiderspruchdenke’ liegt nicht in der Feststellung, daß der Klassenkampf Vorrang haben muß, sondern darin, den Kampf gegen die Diskriminierung und besondere Unterdrückung von Frauen, Kindern und diversen Minderheiten der Klasse der Lohnabhängigen vom Klassenkampf zu trennen und auf irgendeine nebulöse Zukunft zu verschieben.“
a) Führe doch bitte einen klitzekleinen Beweis für Deine Behauptung an! Welche – von Dir als solche anerkannten – VertreterInnen des Haupt-/Nebenwiderspruchsdenkens in Bezug auf Klassen- und Geschlechterverhältnisse trennen denn „den Kampf gegen die Diskriminierung und besondere Unterdrückung von Frauen, Kindern und diversen Minderheiten der Klasse der Lohnabhängigen vom Klassenkampf“ vom Klassenkampf?! – Die behaupten vielmehr genauso wie Du, beides mit einander verbinden zu wollen – und landen dann, ganz genauso wie Du, bei der These, „daß der Klassenkampf Vorrang haben muß“.
Das faktische Resultat ist dann, den Klassenkampf heute zu führen (weil er ja den Vorrang hat) und den Kampf gegen das Patriarchat „auf irgendeine nebulöse Zukunft zu verschieben“. – Dafür, daß dieses faktische Resultat nicht auch bei Deiner Version des ‚Vorrangs des Klassenkampfs’ eintritt, hast Du nicht mehr als ein, zwei schöne Sätze zu bieten.
Ein Blick auf die homepage der Marxistischen Initiative (MI) bestätigt meine – logisch naheliegende – Hypothese, daß der Vorrang des Klassenkampfs zu einer Maginalisierung des Kampfes gegen das Patriarchat führt. Fragen des Geschlechterverhältnisses spielen in der Textproduktion der MI, welchselbige deren politische Hauptaktivität ist, bestenfalls eine marginale Rolle.
b) Die These, „daß der Klassenkampf Vorrang haben muß“, ist also gerade Haupt-/Nebenwiderspruchs-Denken (auch, wenn Du es selbst so nicht nennen magst), denn der Hauptwiderspruch heißt ja gerade deshalb Hauptwiderspruch, weil ihm analytisch und/oder strategisch ein Vorrang vor den Nebenwidersprüchen zugebilligt wird. (mehr…)