Die folgende Zitate-Sammlung entstand bereits im April 2010 aus Anlaß des damals bevorstehenden 140. Geburtstags Lenins, wurde aber damals nicht rechtzeitig fertig und blieb dann erst einmal liegen. – Ich veröffentliche sie jetzt aus dem aktuellen Anlaß der ‚Leninismus-Debatte’ im NaO-Prozeß (1 [Abschnitt 4. sowie die folgenden Kommentare], siehe auch 2 und 3).
[Die folgende Zitate-Sammlung als drei-sprachige (Englisch, Deutsch, Kastilisch [‘Spanisch‘] bzw. Französisch) .pdf-Datei]
1. Stalin ist zu grob und tendiert zu Eilfertigkeit und zum Administrieren
„Gen. Stalin hat, nachdem er Generalsekretär geworden ist, eine unermessliche Macht in seinen Händen konzentriert, und ich bin nicht überzeugt, dass er es immer verstehen wird, von dieser Macht vorsichtig genug Gebrauch zu machen.“
„Stalin ist zu grob, und dieser Mangel, der in unserer Mitte und im Verkehr zwischen uns Kommunisten durchaus erträglich ist, kann in der Funktion des Generalsekretärs nicht geduldet werden. Deshalb schlage ich den Genossen vor, sich zu überlegen, wie man Stalin ablösen könnte, und jemand anderen an diese Stelle zu setzen“
„Mir scheint, hier haben Stalins Eilfertigkeit und sein Hang zum Administrieren […] eine verhängnisvolle Rolle gespielt. Wut ist in der Politik gewöhnlich überhaupt von größtem Übel.“
http://www.mxks.de/files/SU/Lenin.Testament.pdf
2. Marx’ Theorie ist nur das Fundament der Wissenschaft, die die Sozialisten nach allen Richtungen weiterentwickeln müssen
„Wir betrachten die Theorie von Marx keineswegs als etwas Abgeschlossenes und Unantastbares; wir sind im Gegenteil davon überzeugt, daß sie nur das Fundament der Wissenschaft gelegt hat, die die Sozialisten nach allen Richtungen weiterentwickeln müssen, wenn sie nicht hinter dem Leben zurückbleiben wollen.”
LW 4, 205 f.
„revolutionäre Theorie [… ist] kein Dogma […], sondern [sie nimmt] nur in engem Zusammenhang mit der Praxis einer wirklichen Massenbewegung und einer wirklich revolutionären Bewegung endgültige Gestalt an.”
http://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1920/linksrad/kap02.html
Die „wissenschaftliche Erforschung des Imperialismus [… ist] wie die Wissenschaft überhaupt endlos“ (Lenin 1915a, 204)
3. Die konkrete Analyse einer konkreten Situation – die lebendige Seele des Marxismus
„Der Artikel von G[eorg] L[ukács] ist ein sehr radikaler und sehr schlechter Artikel. […]. Es fehlt die konkrete Analyse ganz bestimmter historischer Situationen.“
„Gen. B.K. [Béla Kun] übt Kritik auf Grund von Zitaten aus Marx, die sich auf eine der jetzigen ganz unähnliche Situation beziehen, […] und umgeht vollkommen das Allerwichtigste. Er umgeht das, worin das innerste Wesen, die lebendige Seele des Marxismus besteht: die konkrete Analyse einer konkreten Situation.“
LW 31, 153, 154
4. Nicht über Absichten spekulieren, sondern Taten analysieren
„Wollen wir Turati, dem Reformisten, Turati, dem Anhänger Kautskys, glauben, daß es nicht seine Absicht war, den Krieg zu rechtfertigen. Wer wüßte aber nicht es in der Politik nicht auf Absichten ankommt, sondern auf Taten? nicht auf fromme Wünsche, sondern auf Tatsachen? nicht auf das, was man sich einbildet, sondern auf das, was wirklich ist?“
LW 23, 187
5. Materialismus ist etwas anderes als Empirismus
„Erkenntnis ist die Widerspiegelung der Natur durch den Menschen. Aber das ist keine einfache, keine unmittelbare, keine totale Widerspiegelung, sondern der Prozeß einer Reihe von Abstraktionen, der Formierung, der Bildung von Begriffen, Gesetzen etc.”
LW 38, 172
6. Einen Fehler offen zuzugeben, seine Ursachen aufdecken – das wichtigste und sicherste Kriterien für den Ernst einer Partei
„Das Verhalten einer politischen Partei zu ihren Fehlern ist eines der wichtigsten und sichersten Kriterien für den Ernst einer Partei und für die tatsächliche Erfüllung ihrer Pflichten gegenüber ihrer Klasse und den werktätigen Massen. Einen Fehler offen zuzugeben, seine Ursachen aufdecken, die Umstände, die ihn hervorgerufen haben, analysieren, die Mittel zur Behebung des Fehlers sorgfältig prüfen – das ist das Merkmal einer ernsten Partei“
http://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1920/linksrad/kap07.html
„Man muß sich mit einem heilsamen Argwohn gegen die unbedacht schnelle Vorwärtsbewegung, gegen jede Prahlsucht usw. wappnen, man muß an die Überprüfung jener Schritte nach vorn denken, die wir jede Stunde verkünden, jede Minute machen, um dann jede Sekunde ihre Unhaltbarkeit, ihre Unsolidität, ihre Unverständlichkeit zu beweisen. […]. Es wäre am allerschädlichsten, sich darauf zu verlassen, daß wir immerhin einiges wissen, […].“
LW 33, 475
7. Contra Ouvrierismus
„Das Bewußtsein der Arbeitermassen kann kein wahrhaftes Klassenbewußtsein sein, wenn die Arbeiter es nicht an konkreten und dazu unbedingt an brennenden (aktuellen) politischen Tatsachen und Ereignissen lernen, jede andere Klasse der Gesellschaft in allen Erscheinungsformen des geistigen, moralischen und politischen Lebens dieser Klassen zu beobachten; wenn sie es nicht lernen, die materialistische Analyse und materialistische Beurteilung aller Seiten der Tätigkeit und des Lebens aller Klassen, Schichten und Gruppen der Bevölkerung in der Praxis anzuwenden. Wer die Aufmerksamkeit, die Beobachtungsgabe und das Bewußtsein der Arbeiterklasse ausschließlich oder auch nur vorwiegend auf . sie selber lenkt, der ist kein Sozialdemokrat, denn die Selbsterkenntnis der Arbeiterklasse ist untrennbar verbunden mit der absoluten Klarheit nicht nur der theoretischen … sogar richtiger gesagt: nicht so sehr der theoretischen als vielmehr der durch die Erfahrung des politischen Lebens erarbeiteten Vorstellungen von den Wechselbeziehungen aller Klassen der modernen Gesellschaft.”
http://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1902/wastun/kap3c.htm
„Wer eine ‚reine‘ soziale Revolution erwartet, der wird sie niemals erleben.“
http://www.mlwerke.de/le/le22/le22_326.htm#Kap_10
„Wenn die Revolution in Rußland so rasch und – dem Anschein nach, bei erster, oberflächlicher Betrachtung – so radikal gesiegt hat, dann nur deshalb, weil sich dank einer außerordentlich originellen historischen Situation völlig verschiedene Ströme, völlig ungleichartige Klasseninteressen, völlig entgegengesetzte politische und soziale Bestrebungen vereinigten, und zwar bemerkenswert ‚einmütig’ vereinigten.“
http://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1917/bri-fern/brief1.htm
8. Es ist nicht ausreichend, sich selbst Avantgarde zu nennen!
„Es genügt sich nicht, sich ‚Avantgarde‘, Vortrupp zu nennen – man muß auch so handeln, […]; dazu genügt es nicht, der Theorie und Praxis einer Nachhut das Etikett ‚Vorhut’ aufzukleben“
http://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1902/wastun/kap3e.htm
9. Wenn wir offenkundig schwach sind, so ist das wichtigste Mittel der Verteidigung der Rückzug
„Wenn wir offenkundig schwach sind, so ist das wichtigste Mittel der Verteidigung der Rückzug“
LW 27, 324
10. Die neue Etappe die Anwendung neuer Methoden der Vorbereitung der alten Lösung der alten Probleme
„Da diese neue Etappe die alten Probleme nicht löst, da sie außerstande ist, sie zu lösen, und sie folglich auch nicht aus der Welt schafft, erfordert diese neue Etappe die Anwendung neuer Methoden der Vorbereitung der alten Lösung der alten Probleme. Darin liegt die Eigenart dieser trostlosen, trüben, schwierigen Etappe, die sich aber als unvermeidlich erwiesen hat. […] Diejenigen, die die neuen Methoden der Vorbereitung oder die Tatsache leugnen (oder nicht begreifen), daß vor uns die alten Probleme stehen, daß wir ihrer alten Lösung entgegengehen, […] erweisen sich in Wirklichkeit als Gefangene der Liberalen […] oder der Idealisten und Syndikalisten“
LW 17, 11
11. Weder Verweigerung des Kampfes um Reformen noch Verwischung des Unterschiedes zwischen Reformen und Revolution
„Die Sozialisten [scil.: KommunistInnen] verzichten keineswegs auf den Kampf für die Durchführung von Reformen. […]. Es ist aber ein bloßer bürgerlicher Betrug, wenn man Reformen predigt für Fragen, die die Geschichte und die ganze politische Situation nur als durch die Revolution zu lösende stempelt.“
http://www.mlwerke.de/le/le22/le22_172.htm
„wir möchten […] möglichst wenig allgemeine Erklärungen, feierliche Versprechungen und pompöse Formeln hören und dafür möglichst viele ganz einfache, ganz klare Beschlüsse und Maßnahmen sehen“
LW 33, 372
12. Kampf für Reformen die die Selbständigkeit des Proletariats erhöhen / gegen Reformen mit polizeilichen Fußangeln
„Auf keinen Fall beschränken wir unsere Aufgabe darauf, die meist verbreiteten Losungen der reformistischen Bourgeoisie zu unterstützen. Wir betreiben eine selbständige Politik und machen nur solche Reformen zu unserer Losung, die unbedingt im Interesse des revolutionären Kampfes sind, die unbedingt zur Erhöhung der Selbständigkeit, der Bewußtheit und der Kampffähigkeit des Proletariats beitragen. Nur durch eine solche Taktik machen wir die stets halbschlächtigen, stets heuchlerischen, stets mit bürgerlichen oder polizeilichen Fußangeln ausgestatteten Reformen von oben unschädlich. Mehr noch. Nur durch eine solche Taktik bringen wir den Kampf um ernste Reformen wirklich vorwärts. Das scheint ein Paradox zu sein, aber dieses Paradox wird durch die ganze Geschichte der internationalen Sozialdemokratie bestätigt: die Taktik der Reformisten gewährleistet die Durchführung von Reformen und ihre Realität am schlechtesten. Die Taktik des revolutionären Klassenkampfes gewährleistet das eine wie das andere am besten.“
LW 11, 57 f.
13. Kampf für Reformen, ohne revolutionäre durch reformistische Politik zu ersetzen
„Natürlich schließen Reformen die Revolution nicht aus. Aber nicht darum geht es jetzt, sondern darum, daß die Revolutionäre den Reformisten gegenüber sich selbst nicht aufgeben dürfen, d.h., daß die Sozialisten ihre revolutionäre Arbeit nicht durch reformistische ersetzen dürfen.“
LW 23, 197
„Gelingt die vollständige Vernichtung [der alten Macht] nicht, dann wird das Proletariat auch eine teilweise auszunutzen wissen. Aber niemals wird das Proletariat eine teilweise Vernichtung propagieren, sie beschönigen und das Volk zu ihrer Unterschützung aufrufen.“
LW 11, 16
„Darin besteht eben der Unterschied zwischen den Sozialisten und den Kommunisten, daß die Sozialisten es ablehnen, so wie wir es in jeder Situation tun, nämlich revolutionäre Arbeit zu leisten.“
LW 31, 239
14. Über die Notwendigkeit von Kompromissen mit dem politischen Gegner und deren unabdingbare Voraussetzung
„Einen mächtigeren Gegner kann man nur unter größter Anspannung der Kräfte und nur dann besiegen, wenn man unbedingt aufs angelegentlichste, sorgsamste, vorsichtigste, geschickteste sowohl jeden, selbst den kleinsten ‚Riß‘ zwischen den Feinden, jeden Interessengegensatz zwischen der Bourgeoisie der verschiedenen Länder, zwischen den verschiedenen Gruppen oder Schichten der Bourgeoisie innerhalb der einzelnen Länder als auch jede, selbst die kleinste Möglichkeit ausnutzt, um einen Verbündeten unter den Massen zu gewinnen, mag das auch ein zeitweiliger, schwankender, unsicherer, unzuverlässiger, bedingter Verbündeter sein.“
http://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1920/linksrad/kap08.html
„vollste Freiheit der Agitation, Propaganda und politischen Tätigkeit […]. Ohne die letzte Bedingung darf man sich natürlich nicht auf einen Block einlassen, denn das wäre Verrat: Die vollste Freiheit der Entlarvung der Henderson und Snowden müssen die englischen Kommunisten ebenso unbedingt verfechten und durchsetzen, wie die russischen Bolschewiki sie (fünfzehn Jahre lang, von 1903 bis 1917) gegenüber den russischen Henderson und Snowden, d.h. gegenüber den Menschewiki, verfochten und durchgesetzt haben.“
http://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1920/linksrad/kap09.html
15. BürgerInnenkrieg gegen die Bourgeoisie statt Erschrockenheit und Abscheu vor Waffengebrauch
‚Und wenn der heutige Krieg bei reaktionären Sozialpfaffen, bei weinerlichen Kleinbürgern nur Schrecken, nur Erschrockenheit, nur Abscheu vor Waffengebrauch, Tod, Blut usw. erzeugt, so sagen wir dagegen: Die kapitalistische Gesellschaft war und ist immer ein Schrecken ohne Ende. Und wenn jetzt dieser Gesellschaft durch diesen reaktionärsten aller Kriege ein Ende mit Schrecken bereitet wird, so haben wir keinen Grund, zu verzweifeln. Nichts anderes als Ausfluß der Verzweifelung ist objektiv die Predigt, die ‚Forderung’ – besser zu sagen: der Traum – von der ‚Entwaffnung’ in jetziger Zeit, wenn offen, vor aller Augen der einzig legitime und revolutionäre Krieg, der Bürgerkrieg gegen die imperialistische Bourgeoisie, durch diese Bourgeoisie selber vorbereitet wird.’
http://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1916/10/militaer.htm
16. Die wichtige Frage ist nicht, wer/welche ‚angefangen’ hat
„Als ob das Wesen der Sache darin bestünde, wer zuerst angegriffen hat, und nicht darin, welches die Ursachen des Krieges, sind welche Ziele er hat und welche Klassen ihn führen!“
LW 23, 203
„Der Spießbürger begreift nicht, daß der Krieg die ‚Fortsetzung der Politik‘ ist, er begnügt sich deshalb mit der Erklärung: ‚der Feind greift an‘, ‚der Feind ist in mein Land eingefallen‘, ohne sich Gedanken darüber zu machen, worum der Krieg geführt wird, von welchen Klassen, um welchen politischen Zielen willen.“
LW 23, 24
17. Der Slogan der Vereinten Nationen – eine falsche Auffassung der internationalen Beziehungen
„Wir sind natürlich Gegner des Völkerbundes, und ich denke, daß nicht nur unsere ökonomische und politische Ordnung mit ihren Besonderheiten unsere ablehnende Haltung zum Völkerbund hervorruft, sondern daß auch die Interessen des Friedens, betrachtet vom Standpunkt der konkreten Bedingungen der gesamten gegenwärtigen internationalen Politik überhaupt, unsere ablehnende Haltung vollauf rechtfertigen. Der Völkerbund trägt so offenkundig alle Züge seiner Herkunft […], ermangelt so ganz und gar dessen, was auch nur entfernt einer realen Gleichberechtigung der Nationen ähnelt, was reale Aussichten für ein friedliches Zusammenleben zwischen ihnen eröffnet, daß mir scheint, unsere ablehnende Haltung gegenüber dem Völkerbund ist verständlich und bedarf keiner weiteren Kommentare.“
LW 33, 373
„Die Vereinigten Staat der Welt (nicht aber Europas) sind jene staatliche Form der Vereinigung und der Freiheit der Nationen, die wir mit dem Sozialismus verknüpfen – solange nicht der vollständige Sieg des Kommunismus zum endgültigen Verschwinden eines jeden, darunter auch des demokratischen, Staates geführt haben wird. Als selbständige Losung wäre jedoch die Losung Vereinigte Staaten der Welt wohl kaum richtig, denn erstens fällt sie mit dem Sozialismus zusammen, und zweitens könnte die falsche Auffassung von der Unmöglichkeit des Sieges des Sozialismus in einem Lande und eine falsche Auffassung von den Beziehungen eines solchen Landes zu den übrigen entstehen lassen.“
http://www.mlwerke.de/le/le21/le21_342.htm
„Jede Partei, die der III. Internationale angehören will, ist verpflichtet, nicht nur den offen Sozialpatriotismus, sondern auch die Falschheit und Heuchelei des Sozialpazifismus zu entlarven: den Arbeitern systematisch vor Augen zu führen, daß ohne revolutionären Sturz des Kapitalismus keinerlei internationales Schiedsgericht, keinerlei Gerede von Einschränkung der Kriegsrüstungen, keinerlei ‚demokratische’ Reorganisation des Völkerbundes imstande sein wird, die Menschheit vor neuen imperialistischen Kriegen zu bewahren.“
LW 31, 195 f.
18. Der Kampf gegen nationale Unterdrückung ist hauptsächlich eine negative Aufgabe, aber weder eine Apologie noch eine Unterstützung eines Gegen-Nationalismus noch eine Unterordnung von Klasseninteressen unter nationale Einheit
„Der Grundsatz der Nationalität ist in der bürgerlichen Gesellschaft unvermeidlich, und der Marxist, der mit dieser Gesellschaft rechnet, erkennt die geschichtliche Berechtigung nationaler Bewegungen durchaus an. Damit aber diese Anerkennung nicht zu einer Apologie des Nationalismus werde, muß sie sich strengstens auf das beschränken, was an diesen Bewegungen fortschrittlich ist, damit sie nicht zur Vernebelung des proletarischen Klassenbewußtseins durch die bürgerliche Ideologie führe. Fortschrittlich ist das Erwachen der Massen aus dem feudalen Schlaf, ihr Kampf gegen Unterdrückung, für die Souveränität des Volkes, für die Souveränität der Nation [statt des Monarchen, TaP]. Daher die unbedingte Pflicht des Marxisten, auf allen Teilgebieten der nationalen Frage den entschiedensten und konsequentesten Demokratismus zu verfechten. Das ist in der Hauptsache eine negative Aufgabe. Weiter darf das Proletariat in der Unterstützung des Nationalismus nicht gehen, denn dann beginnt die ‘positive’ (bejahende) Tätigkeit der nach Stärkung des Nationalismus strebenden Bourgeoisie. Jedes feudale Joch, jede nationale Unterdrückung, jedwede Privilegien einer der Nationen oder Sprachen abzuschütteln, ist die unbedingte Pflicht des Proletariats als einer demokratischen Kraft, ist das unbedingte Interesse des proletarischen Klassenkampfes, der durch den nationalen Hader verdunkelt und gehemmt wird. Aber den bürgerlichen Nationalismus über diese streng gezogenen, durch einen bestimmten historischen Rahmen gegebenen Grenzen hinaus zu fördern, heißt das Proletariat verraten und sich auf die Seite der Bourgeoisie schlagen.
LW 20, 19 f.
„Die kommunistische Partei, [… muß] auch in der nationalen Frage […] ausgehen: erstens von einer genauen Einschätzung der konkreten historischen und vor allem ökonomischen Situation; zweitens von einer klaren Herauslösung der Interessen der unterdrückten Klassen, der Werktätigen, der Ausgebeuteten, aus dem allgemeinen Begriff der Volksinteressen schlecht hin; […].“
„Die Kommunistische Internationale muß ein zeitweiliges Bündnis mit der bürgerlichen Demokratie der Kolonien und der zurückgebliebenen Länder eingehen, darf sich aber nicht mit ihr verschmelzen, sondern muß unbedingt die Selbständigkeit der proletarischen Bewegung – sogar in ihrer Keimform – wahren; […].“
LW 31, 133, 138
19. Gegen den Kapitalismus kämpfen – und nicht nur gegen dessen Exzesse
„Die Kautskyaner (K. Kautsky, S p e c t a t o r u. Co.) führen diese Erscheinungen eines ‚gesunden‘, ‚friedlichen‘, auf ‚friedlichen Verkehr’ beruhenden Kapitalismus an und stellen sie der finanziellen Ausplünderung, den Bankmonopolen, den Geschäften der Banken mit der Staatsmacht, der kolonialen Unterdrückung etc. entgegen, stellen sie als das Normale dem Unnormalen, das Wünschenswerte dem Unerwünschten, das Fortschrittliche dem Reaktionären, das Grundlegenden dem Zufälligen etc. entgegen. Das ist neuer Proudhonismus. Der alte Proudhonismus auf neuer Grundlage und in neuer Form. Spießbürgerlicher Reformismus: für einen fein säuberlichen, geschniegelten, gemäßigten und akkuraten Kapitalismus.“
LW 39, 96
„Den Kapitalismus und seine Grundlage, die Warenproduktion, nicht vernichten, sondern diese Grundlage von Mißbräuchen, Auswüchsen usw. säubern; den Tausch und den Tauschwert nicht abschaffen, sondern ihn im Gegenteil, ‚konstituieren’, ihn zu einem allgemein gültigen, absoluten, ‚gerechten’ Wert machen, der von Schwankungen, Krisen und Mißbräuchen frei wäre – das war Proudhons Idee.“
LW 20, 19
20. Der innere Widerspruch ist die treibende Kraft
„Im eigentlichen Sinne ist die Dialektik die Erforschung des Widerspruchs im Wesen der Dinge selbst“
„Die beiden grundlegenden […] Konzeptionen der Entwicklung […] sind: Entwicklung als Abnahme und Zunahme, als Wiederholung, und Entwicklung als Einheit der Gegensätze (Spaltung des Einheitlichen in einanderausschließende Gegensätze und das Wechselverhältnis zwischen ihnen). Bei der ersten Konzeption der Bewegung bleibt die Selbstbewegung, ihre treibende Kraft, ihre Quelle, ihr Motiv im Dunkel (oder diese Quelle wird nach außen verlegt – Gott, Subjekt etc.). Bei der zweiten Konzeption richtet sich die Hauptaufmerksamkeit gerade auf die Erkenntnis der Quelle der ‚Selbst‚bewegung. Die erste Konzeption ist tot, farblos, trocken. Die zweite lebendig. […]. Die Einheit […] der Gegensätze ist bedingt, zeitweilig, vergänglich, relativ. Der Kampf der einander ausschließenden Gegensätze ist absolut, wie die Entwicklung, die Bewegung absolut ist.“
LW 38, 240, 239
„Die große Bedeutung der Erörterungen von Marx besteht darin, daß er […] den Kommunismus als etwas betrachtet, das sich aus dem Kapitalismus entwickelt. An Stelle scholastischer, ausgeklügelter, ‚erdachter’ Definitionen und fruchtloser Wortklaubereien (was Sozialismus, was Kommunismus sei) gibt Marx eine Analyse“
http://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1917/staatrev/kapitel5.htm
21. Die Form ist wesentlich!
„Die Form ist wesentlich.“
LW 38, 134
„Wenn Engels sagt, daß in einer demokratischen Republik der Staat ‚nicht minder‘ als in der Monarchie eine ‚Maschine zur Unterdrückung einer Klasse durch eine andre‘ bleibt, so bedeutet das durchaus nicht, daß die Form der Unterdrückung dem Proletariat gleichgültig sei, wie manche Anarchisten ‚lehren‘. Eine breitere, freiere, offenere Form des Klassenkampfes und der Klassenunterdrückung bedeutet für das Proletariat eine riesige Erleichterung im Kampf um die Aufhebung der Klassen überhaupt.“ http://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1917/staatrev/kapitel4.htm
22. Dialektik rechtfertigt keinen Eklektizismus
„Das theoretische Wesen des Fehlers, den Gen. Bucharin hier macht, besteht darin, daß er die dialektische Wechselbeziehung […] durch Elektizismus ersetzt. ‚Sowohl das eine als auch das andere‘, ‚einerseits – andererseits‘ – das ist die theoretische Position Bucharins. Das ist eben Eklektizismus. Die Dialektik erheischt die allseitige Berücksichtigung der Wechselbeziehungen in ihrer konkreten Entwicklung, nicht das Herausreißen eines Stückchens von diesem, eines Stückchens von jenem.“
LW 32, 81 f.
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