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Ich hatte am vergangenen Mittwoch bedauert, daß queer nicht mehr „männerfeindlich“ sei. Nach drei bzw. vier vorhergehenden (1, 2, 3, 4) Einwänden, die mich nicht so überzeugten (1, 2, 3, 4), brachte bigmouth die folgenden zwei weitere Einwände, der mich doch nachdenklich machten:
„du meinst halt, man könne „männerfeindlichkeit“ inhaltlich so besetzen [gemeint: i.S.e. positiven, feministischen und zugleich anti-biologistischen Bedeutung]. das halte ich aber für unsinn, weil dafür im allgemeinen sprachgebrauch und auffassung „mann“ bereits nicht als eine ontologische biologische entität, sondern als abstreifbare identität/rolle whatever gelten müsste. und da glaube ich, dass die verwendung des begriffs eine „kleine diskurisve Zuspitzung der Klarstellung“ gar nicht ergeben würde, sondern ganz im gegenteil einfach unendliche mißverständnisse
selbst wenn das verständnis in diesem sinne vorläge: etwa vergleichbar ist, mensch würde von sich sagen, „christenfeindlich“ sein, und damit aber meinen, mensch würde auf die abschaffung von religiösem bedürfnis überhaupt hinarbeiten. da wären mißverständnisse immer noch vorprogrammiert.“
„außerdem ist die parallele zu klassenkampf und diktatur des proletariats extrem fragwürdig, weil die mehrheitsverhältnisse völlig anders sind. es geht hier ja nicht um den antagonismus zwischen einer mehr- und einer minderheit, die auch eine eindeutige hierarchie besitzen. der vergleich hinkt extrem“
Diskussionen provozieren!
a) „dafür [müßte] im allgemeinen sprachgebrauch und auffassung ‚mann’ bereits nicht als eine ontologische biologische entität, sondern als abstreifbare identität/rolle whatever gelten.“
Da sind wir in der Tat noch weit von entfernt. Und unsere gemeinsame Frage scheint mir zu sein, wie wir da hinkommen.
Ich würde sagen, die diskursive Zuspitzung ist dafür nützlich – auch auf das Risiko des Mißverständnisses. Denn jedes Mißverständnis ist auch eine gute Gelegenheit, um mit Leuten ins Gespräch zu kommen, zu argumentieren, zu begründen – und klarzustellen, daß „Männer“ nicht der Name zur Bezeichnung eines bestimmten anatomisch definierten Kollektivs, sondern der Begriff zur Bezeichnung der Träger einer bestimmten gesellschaftlichen Praxis ist.
Ich komme darauf und auf das weitere Argument, das in Deinen ersten beiden Sätzen steckt noch zurück.
b) „selbst wenn das verständnis in diesem sinne vorläge: etwa vergleichbar ist, mensch würde von sich sagen, ‚christenfeindlich’ sein, und damit aber meinen, mensch würde auf die abschaffung von religiösem bedürfnis überhaupt hinarbeiten. da wären mißverständnisse immer noch vorprogrammiert.“
Der Hinweis auf „christenfeindlich“ ist der Punkt, der mich besonders nachdenklich gemacht hat. Auch darauf komme ich gleich zurück. Aber zunächst einmal:
Personale und versachlichte Herrschaft
aa) Wenn ich recht verstehe, sagst Du: Im Falle von Religion läge ein derartiges Verständnis („abstreifbare identität/rolle whatever“) vor. Und selbst der Fall Religion zeige, wie problematisch meine diskursive Strategie sei.
Ich würde demgegenüber sagen: Im Falle von Religion mögen ‚wir’ AtheistInnen uns da einig sein. (Aber selbst unter ‚uns’ ist das gar nicht so einfach. Wenn ich meine Ablehnung der Existenzgeldforderung und meine These, daß auch im Kommunismus gearbeitet werden müsse, begründe, muß ich mir schon mal den Vorwurf „protestantische Arbeitsethik“ anhören. Und: Wenn ich mit KatholikInnen über Doppelmoral und das Gesetz vom Widerspruch diskutiere, kokettiere ich auch schon mal mit einer protestantischen Sozialisation… – Also auch da ist das alles nicht so einfach abstreifbar.)
Und ich würde sagen: Im von Dir in Bezug genommenen „allgemeinen sprachgebrauch“ schon gar nicht – auch wenn die Leute sonntags kaum zur Kirche, aber massenhaft zum Kirchentag rennen und sich über das ökumenische Abendmahl streiten: auch da scheinen ja so etwas wie massive „Leib“-Erfahrungen (wie Butler-KritikerInnen sagen würde) auf dem Spiel zu stehen.
bb) Und ich würde sagen – und das ist nun der Kern meines Gegenarguments:
Wir müßten in der Tat dahin kommen, daß genauso unbefangen über „ChristInnenfeindlichkeit“ und „Männerfeindlichkeit“ gesprochen werden kann, wie MarxistInnen früher unbefangen vom „Klassenfeind“ gesprochen haben.
Warum haben wir jene Unbefangenheit nicht? Ich würde sagen, weil im Falle von Klasse – abgesehen von den hardcore-VertreterInnen personalisierender Kapitalismus-Kritik – allen Leuten klar ist, daß es sich um eine prinzipiell „abstreifbare identität/rolle whatever“ handelt. Für die Abstiegsmobilität liegt das eh auf der Hand: Der/die spätere ErbIn kann den Schulbesuch verweigern, von zu Hause ausreißen, später sein komplettes Erbe verschenken und in die Fabrik oder eine Putzkolonne gehen.
Und „im allgemeinen sprachgebrauch“ glauben ja eher viel zu viele, als zu wenige an den Mythos „vom Tellerwäscher zum Millionär“. Aber in diesem Mythos steckt die grundlegende Wahrheit, daß die kapitalistische Produktionsweise – im Gegensatz zu vorhergehenden Produktionsweisen – nicht mehr auf personaler, sondern auf sozusagen ‚sachlicher’ Herrschaft beruht: Individuelle Aufstiegs- und Abstiegsmobilität (ohne, daß dies die Klassenstruktur als solche berührt!) statt Standeszugehörigkeit qua Geburt.
Und demgegenüber – würde ich sagen – funktionieren Religion und Geschlecht noch weitgehend nach dem Modell personaler Herrschaft: ProtestantIn oder KatholikIn oder Muslima oder Muslim gewesen zu sein, scheint lebenslange Nachwirkungen zu haben, auch wenn Du irgendwann AtheistIn wirst. Die Quote der ReligionskonvertitInnen dürfte im übrigen nicht wesentlich höher sein, als die der GeschlechtskonvertitInnen.
Das Schicksal des Begriffs „Klassenfeind“
cc) Und mit dem Begriff des „Klassenfeindes“ kommen wir zudem, was ich nach einer – nach bigmouth’ Kritik – ad hoc gebildeten Hypothese die Katastrophe der Geschichte der Politischen Theorie des 20. Jahrhunderts nennen würde: Carl Schmitt.
Nicht, weil er zeitweilig die Nazis unterstützt hatte. Das ist eine politische Katastrophe, keine theoretische. Und die theoretische Katastrophe besteht m.E. darin, daß es Carl Schmitt zwar einerseits gelungen ist, mit unglaublicher Kürze und Würze herauszuarbeiten, daß es keine wirkliche Politik ohne prinzipielle Bereitschaft zum (nicht: ständige Führung des) (BürgerInnen)Krieg(s) gibt: Es gibt keinen Begriff des Politischen ohne den Begriff des Feindes. – Das hat selbst Lenin nicht so klar hinbekommen.
Soweit so toll. Nur – jetzt kommt die Katastrophe: Im gleichen Schritt hat Carl Schmitt den gesellschaftlichen Begriff der Klasse in den – biologistisch-existentialistischen grundierten – Begriff des Volkes umgebogen.
Und daß der Marxismus darauf keine Antwort hatte, war das vorläufige Ende des revolutionären Marxismus. Der Krieg gegen die Nazis wurde von der Sowjetunion als Großer Vaterländischer Krieg und Volksfront-Bündnis mit kapitalistischen DemokratInnen geführt. Klassenfeind und Klassenkampf ade.
Und die Antwort, die Che Guevara (Guerillastrategie) und Holger Meins (Mensch oder Schwein) gaben, eroberten zwar die Einsichten Schmitts für die Linke zurück, streiften wohl auch den Biologismus ab, aber nicht den Existentialismus. Und dieser reichte auch nicht vielmehr weiter als der Atem der Sowjetunion: bis kurz nach ’89.
Und da stehen wir jetzt: Eine Linke und ein Feminismus ohne Plan. Mit der „Feministische Kritik“ von 1993, der an einigen Stellen allerdings auch der Existentialismus der ’68er anhaftet, als so ziemlich einzigen wirklichen Orientierungspunkt nach 1989 in der Hand.
Judith Butler – ein Stierkämpferin?
dd) Jetzt bin scheinbar ziemlich vom Thema abgekommen (Von der Männerfeindschaft zum Großen Vaterländischen Krieg – aber hat ja auch irgendwie etwas auch mit einander zu tun). Aber vielleicht läßt sich das Problem ja nur lösen, wenn der Stier bei den Hörnern gepackt wird. Heute, nach dieser Vorgeschichte den Begriff des Klassenfeindes zu reaktivieren, würde wohl in der Tat schwer nach personalisierender Kapitalismus-Kritik riechen…
Aber vielleicht liegt gerade darin die große Chance von Butler für den Marxismus:
Sie re-aktualisierte Marx’ Einsicht, daß Personen nicht große, verantwortliche Subjekte, sondern „Geschöpfe“ und „Träger“ gesellschaftlicher Verhältnisse und Interessen sind.
Und das nun am scheinbar dermaßen körperlich-persönlichen Geschlecht und nicht an der offensichtlich sachlich-relationalen Klasse versuchen klar zu machen, hieß in der Tat, den Stier an den Hörnern zu packen.
Vielleicht können wir erst wieder locker vom Klassenfeind und dem Klassenkrieg sprechen, wenn wir in der Lage sind, locker (ohne biologistisch-existentialistischem Ballast) von Männerfeindlichkeit und Geschlechterkrieg zu sprechen. –
Das ist jetzt etwas essayistisch geraten; nicht so das Diktat der Fußnote, zu dem ich sonst neige, aber vielleicht hat das ja trotzdem Sinn.
c) Zurück zur Frage der Mißverständlichkeit – ich schrieb oben: „jedes Mißverständnis ist auch eine gute Gelegenheit, um mit Leuten ins Gespräch zu kommen, zu argumentieren, zu begründen.“
Ich glaube, Peter Glotz (seinerzeit Bundesgeschäftsführer der SPD) sprach in dem Sinne mal von der/seiner „Arbeit der Zuspitzung“. Ich hatte das Buch nicht gelesen und kenne nur die Wendung aus Presse (aus den Teeny-Jahren meiner Politisierung). Aber es war – glaube ich – eh nur für die Sozialdemokratie angeeigneter Gramscianismus.
Nicht, daß Glotz ein erfolgreicher Bundesgeschäftsführer gewesen wäre; das war vielmehr sein Konterpart, der CDU-Generalsekretär Heiner Geißler, damals noch nicht Mediator, sondern Zuspitzer.
Glotz versuchte damals mit dem Soziologie-Begriff der 2/3-Gesellschaft zuzuspitzen. Das sollte vermutlich die Ängste des mittleren Drittels vor einer gesellschaftlichen Zerrüttung schüren und zur SPD als Stabilitätsgarantin rüberziehen. Ging bekanntlich schief. Die SPD wurde eine 30 %-Partei; damals noch gewählt von einem Teil der Arbeitslosen und nur mehr eines Teils der FacharbeiterInnen. Der andere Teil der FacharbeiterInnen ging zur CDU, weil sie nicht unteres Drittel sein wollten, für das sich die SPD mit der Glotz-Parole stark zu machen schien. Diese FacharbeiterInnen holte erst Schröder zurück, der explizit auf die Mitte setzt. – Nach der ‚Methode Glotz’ funktioniert die „Arbeit der Zuspitzung“ also nicht: einerseits scheinbar zu polarisieren (Rede von der angeblichen 2/3-Gesellschaft als Beklagen der Lage des letzten, ‚benachteiligten’ Drittels, aber gleichzeitig auf die Mitte schielen – statt einen gemeinsamen Interessensgegensatz des ‚unteren’ und ‚mittleren Drittels’, der Lohnabhängigen, gegenüber dem ‚obersten Drittel’, der ProduktionsmittelbesitzerInnen, zu artikulieren).
Heiner Geißlers Zuspitzungen
Ganz anders Heiner Geißler, z.B. mit seinem Satz „Der Pazifismus der dreißiger Jahre, der sich in seiner gesinnungsethischen Begründung nur wenig von dem heutigen unterscheidet, was wir in der Begründung des heutigen Pazifismus zur Kenntnis zu nehmen haben, dieser Pazifismus der dreißiger Jahre hat Auschwitz erst möglich gemacht.“ – Auch, wenn sich die gesellschaftliche Mitte (z.B. Hildegard Hamm-Brücher darüber ärgerte und – nicht ganz verkehrt – fragte, „was denn der Pazifismus mit dem Judenhass in Deutschland zu tun habe“), war das trotzdem ein starker Satz. Denn Geißler hat ja recht: Wäre es in Deutschland selbst zu bewaffnetem Widerstand gekommen bzw. hätten die Westmächte nicht das Münchener Abkommen und die Sowjetunion nicht das Ribbentrop-Molotow-Abkommen unterzeichnet und es nicht Nazi-Deutschland überlassen den Kriegsbeginn zu bestimmen, wäre der Kriegsverlauf wahrscheinlich ein anderer gewesen und hätte vielleicht die Shoah verhindert werden können (auch, wenn dies nicht den von Hamm-Brücher angesprochenen Antisemitismus beseitigt hätte). Damit war der gesinnungsethische Pazifismus der Friedensbewegung scharf getroffen und entsprechend schrie sie auf, aber die Mittelstreckenraketen wurden stationiert. Die Friedensbewegung blieb pazifisch, machte symbolische Sitzblockaden, ging aber nicht zum Widerstand über. Und die in dem Geißler-Satz implizite Gleichsetzung von Nazi-Deutschland und der Sowjetunion unter Breschnew mochten breite Teile der Friedensbewegung schon gar nicht in Frage stellen, imaginierten sie doch ‚Deutschland’ (den Anschluß der DDR mental schon vorwegnehmend) als Opfer der ‚beiden Supermächte’, bedroht von einem ‚atomaren Holocaust’ (Geißler reagierte auf Schily und Fischer, die in einem Spiegel-Interview zuvor „Atomkrieg“ und „Auschwitz“ in Verbindung brachten). (Zitat-Nachweise).
Geißlers Zuspitzung funktionierte also, obwohl sie ‚die Mitte’ verschreckte; sie neutralisierte die grün-friedensbewegte, moralisierende Atomkriegs-Auschwitz-Assoziation mittels der realistischen Frage, ob denn mit pazifistischen Mittel Auschwitz hätte verhindert werden können – freilich nicht, im Interesse einer linken Grünen- und Pazifismus-Kritik, sondern im Interesse des bewaffneten Arms der Totalitarismus-Theorie.
Butlers Zuspitzung
Anderes Beispiel – und zurück zu unserem Thema: queer. Nehmen wir Butlers letztjährige Rassismus-Vorwürfe und ihre Preisannahme-Weigerung gegenüber dem mainstream-CSD. Nicht einfach nur darüber zu schwadronieren, daß die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen ‚diskriminierten’ und ‚benachteiligten’ Gruppen schwierig sei, sondern das böse Wort vom Rassismus in den Mund zunehmen, und die Nicht-Annahme des Preises war eine im Prinzip gelungene „Arbeit der Zuspitzung“, die aber leider auch schnell verpuffte, weil diejenigen, die Butler für ihre Berliner Lokalkonflikte in Anspruch zu nahmen, nicht bereit und/oder in der Lage waren, Butlers Zuspitzung argumentativ zu unterfüttern. Nicht einmal eine Pressemappe, die die einschlägigen umstrittenen Texte, Äußerungen, Zustände und Analysen zusammenfaßte, gab es. In mühseliger Kleinarbeit, gelang es mir, bei einer bloggerin und einem blogger, die sich mit der Vorgeschichte auskannten, ein paar Infos zu finden: http://maedchenblog.blogsport.de/2010/07/04/na-also-warum-nicht-gleich-so/.
meine Zuspitzungen
Und dann gibt es bekanntlich noch den Fall, daß Zuspitzung gar nicht gehört wird, weil die sprechende Person weder CDU-Generalsekretär noch Professorin in Berkeley ist. Und so geht’s mir meistens mit meiner „Arbeit der Zuspitzung“, und deshalb freue ich mich, wenn zumindest Zara, bigmouth und Ulla meine Überlegungen immerhin für kritikwürdig halten und sonne mich darin, daß andere anscheinend gar keine Argumente mehr haben (siehe auch: Wo bleiben die Argumente? – TaP 26.06.2011; 00:00 h). – Oder es ist ‚Zuspitzung ohne Arbeit’, ‚Verbalradikalismus ohne Argumente’. Das kommt mir hoffentlich nicht so häufig vor.
d) Und noch mal kurz zur „Christenfeindlichkeit“: Daß der Begriff bisher nicht funktioniert – vielleicht liegt es ja daran, daß Religionskritik schnell in der Forderung nach religiöser Toleranz stecken blieb. Auch für den Marxismus war das kein großes Thema mehr, nachdem Marx erst einmal über Feuerbach, der seinerseits im Philosophischen stecken blieb, hinaus war.
Für Bebel – glaube ich – war Religion „Privatsache“ (oder so ähnlich). Lenin griff das insofern auf, als der Staat religiös neutral, aber nicht antireligiös repressiv sein sollte (oder so ähnlich), während die Partei sehr wohl aber eine antireligiöse Haltung haben sollte. Aber in Agitation und Propaganda und jedenfalls in Lenins theoretischer Arbeit war das wohl ein Nebenthema. Und nach Lenin? – keine Ahnung.
Also auch hier bliebe noch Arbeit der Zuspitzung zu leisten: Von der religiösen Toleranz zur Christenfeindlichkeit. Vielleicht wäre der Papst-Besuch im Herbst dafür ein guter Anlaß. Und in die aktuelle diskursive Landschaft würde das auch passen, da einige ihren Rassismus als angeblich berechtigte – und z.T. auch so bezeichnete – Islamfeindlichkeit tarnen und ihre einseitige oder schwerpunktemäßige Islamfeindlichkeit mit allgemeiner Religionsfeindlichkeit rechtfertigen wollen.
Über Hegemonieverhältnisse, Herrschaft und Ausbeutung reden!
Hier gäbe es also zugleich eine Gelegenheit, über Hegemonieverhältnisse zu reden: Und so richtig mir die Parole von der „Männerfeindlichkeit“ zu sein scheint, und so erwägenswert mir auch die Parole von der „Christenfeindlichkeit“ zu sein scheint – heute und auf absehbare Zeit wäre die affirmative Rede von Frauen- und Islamfeindlichkeit absolut verfehlt, auch wenn schlußendlich alle Geschlechter und alle Religionen verschwinden sollen. D.h.: Der provokative – oh, sorry, @ whom it concerns: ich vergaß: ich soll ja nicht mehr „provokant“ sein (diese queere Kinderkrankheit muß ich wirklich endlich ablegen. Mea culpa. Mea magna culpa.) – der Rede von „Männerfeindlichkeit“ und „Christenfeindlichkeit“ ist also zugleich ein guter Anlaß, über Herrschaft, Ausbeutung und Hegemonie zu reden – darüber zu reden, daß jeder vordergründige Gleichheitsdiskurs und jede humanistische Verschleierung (‚Männer sind doch auch Menschen.’ ‚Auch Buback und Schleyer waren doch Menschen.’ Ja, und?) fehl am Platze ist: Für einen feministischen diskursiven Anti-Humanismus.
e) Bleibt noch der Einwand hinsichtlich Monique Wittigs DdP (Diktatur des Proletariats)-Analogie und der Zahlenverhältnisse: „außerdem ist die parallele zu klassenkampf und diktatur des proletariats extrem fragwürdig, weil die mehrheitsverhältnisse völlig anders sind. es geht hier ja nicht um den antagonismus zwischen einer mehr- und einer minderheit, die auch eine eindeutige hierarchie besitzen. der vergleich hinkt extrem“
Klar, eine Diktatur (im gesellschaftstheoretischen Sinne; hier geht es nicht um staatsrechtliche Regierungsform-Typologien) von 52 % der Bevölkerung gegen 48 % würde noch einmal ganz andere Schwierigkeiten aufwerfen, als eine Diktatur von 80 oder 85 % der Bevölkerung gegen 20 oder 15. – Aber es ist auch klar, bis eine feministische Revolution erfolgreich sein könnte und die von Wittig angedachte transitorische Diktatur der FrauenLesben errichtet könnte, müßten ganz schön viele Männer ‚Geschlechterverrat’ begehen. Mit schönen Worten allein wird sich das sicherlich nicht bewerkstelligen lassen.1
Nachbemerkung:
Zara kritisiert: „Wie Du auch schon andeutest, war es ein langer Kampf gegen einen Vulgärmarxismus, […], die personifizierende Kapitalismus-Kritik zu verabschieden. Ebenso war es ein harter Kampf im Feminismus, den Differenzfeminismus ad acta zu legen.
Der Grund war in beiden Fällen, dass es eine extrem platte Analyse gesellschaftlicher Verhältnisse ist. Es erschließt sich mir nicht, warum Du im Grunde dort wieder hin willst.“
Nein, ich will nicht zurück zu personalisierender Kapitalismus- und Patriarchats-Kritik.
Ich denke nur umkehrt: Eine Ent-Biologisierung des Geschlechter-Begriffs, die nicht mit einem offensiven Begriff von gleichfalls ent-biologisierter Männerfeindlichkeit einhergeht, endet in jenem laxen, liberalen queer-mainstream, der nicht einmal mehr gegen sexuelle Belästigungen bereit ist, entschlossen einzuschreiten2, und der Rassismus als Problem behandelt, das mit Psychokursen zur Vorurteilsüberwindung behoben werden kann3.
- http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-70305, S. 86, FN *: „Ent-Identifizierung ist also ein dreiseitiger Prozeß: 1. Überwindung einer (gegen)-identifikatorischen Politik der unterdrückten Gruppen (Ent-Identifizierung als Selbstzerstörung von Identitäten) (vgl. FeMigra 1994, 49; Gutiérrez Rodríguez 1996, 99: ‚jenseits von Assimilation und Identitätsdiskurs‘; Wittig 1981, 15: „destroying the myth [of woman] inside and outside ourselves“). 2. Druckausübung der unterdrückten Gruppen auf die herrschenden Gruppen (Fremdzerstörung von Identitäten) (Wittig 1981, 15: „suppress men as a class“). 3. Desertion von einigen Individuen aus den herrschenden Gruppen ([Selbst]zerstörung von Identitäten) […].“ (links nachträglich hinzugefügt). (Zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Textes war ich anscheinend noch konsequente darin, statt – des zweideutigen Ausdrucks „unterdrücken“ – „beherrschen und ausbeuten“ zu schreiben. Vgl. http://theoriealspraxis.blogsport.de/2011/06/25/transgenialer-csd-2011-in-berlin-ohne-offiziellen-aufruf/, bei und in FN 7. [zurück]
- http://maedchenblog.blogsport.de/2010/06/28/sexuelle-belaestigungen-beim-transgenialen-csd-in-berlin/ (Sexuelle Belästigungen beim transgenialen CSD in Berlin [28.06.2010]); http://www.scharf-links.de/47.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=17104&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=b16aba00fc (Umgang bei sexuellen Belästigungen auf transgenialen CSD [24.06.2011 (!)] [zurück]
- ebd., Nr. 6 und http://theoriealspraxis.blogsport.de/2011/05/05/heute-5-5-11-17-h-queere-globalisierung-imperialen-begehrens/#fn1304697594963n (den dort kritisierten Ankündigungstext gibt es im übrigen an dieser Stelle im Netz). [zurück]
carl schmitt? zuspitzung auf politischen feind? nee, bei deinem stalinistischen gulag-feminismus mach mal bitte allein weiter. das würde da nämlich bei rauskommen, denke ich.
und einen (welt)bürgerkrieg der feminist*inenn gegen die männer – das hältst du für eine realistische strategie? LOL
die abschaffung der geschlechter herbei bomben – das ist die dümmste idee, die ich in diesem jahr gelesen habe
Was ist denn nun Dein Argument?
Die Rote Zora war doch wohl die beste der deutsche Stadtguerilla-Gruppen:
Interview mit der Roten Zora
Emma Juni 1984
http://theoriealspraxis.blogsport.de/2010/07/20/doku-serie-revolutionaerer-feminismus-teil-ii/.
Sie war anscheinend, obwohl sie mit den Revolutionären Zellen zusammenarbeitete, nach allem, was wir wissen, nicht in die Irrungen und Wirrungen der deutsch-linken Palästina-Solidarität verstrickt.
Ihr unterliefen in militärisch-technischer Hinsicht nicht solche gravierende Fehler wie der RAF beim Anschlag auf den Springer-Verlag und den Revolutionären Zellen bei der Karry-Aktion (unbeabsichtigte Tötungen).
Sie hatte jedenfalls mit ihrer Kampagne gegen den Bekleidungskonzern Adler eine ziemlich breite öffentliche Resonanz. Die Kampagne war feministisch, anti-kapitalistisch und internationalistisch. (Es ging u.a. um Solidarität mit streikende Arbeiterinnen in Südkorea.)
Auch der Repressionsschlag gegen vermeintliche Mitglieder der Roten Zora führte nicht zu einer breiten Ent-Solidarisierung – auch, wenn einiges an der Soli-Kampagne noch besser hätte laufen können, als es ohnehin schon lief.
Sie hatte – am Beispiel Kurdistan – eine differenzierte Position zum Verhältnis von Geschlechterkampf und nationaler Befreiung.
Ihr habt die Macht, uns gehört die Nacht
Erklärung der ‚Rote Zora‘ zur Aktion auf die Werft der Firma Lürssen in Lemwerder bei Bremen am 24.7.1995 http://www.nadir.org/nadir/archiv/PolitischeStroemungen/Stadtguerilla+RAF/Rote_Zora/rote_zora.html
Sie versuchte in der Zerfallsphase der anderen Stadtguerilla-Gruppen noch mal einen großen programmatischen Wurf:
Mili’s Tanz auf dem Eis
Von Pirouetten, Schleifen, Einbrüchen, doppelten Saltos und dem Versuch, Boden unter die Füße zu kriegen.
Dezember 1993
http://www.freilassung.de/div/texte/rz/milis/milis1.htm
(auch, wenn ich da als Leserin schon damals mit einigen Formulierungen nicht einverstanden war und weiterhin nicht bin).
Weitere Texte der Roten Zora:
http://www.freilassung.de/div/texte/down/zorn.pdf, Kap. XIII.
Allein – sie verschwand dann sang- und klanglos, ohne Auflösungserklärung, von der Bildfläche war.
Und: Ich schlage ja auch nicht vor, heute die Rote Zora neu zu gründen. Und: Falls ich das mal machen sollte, werde ich das dann hier nicht publizieren.
In einer Situation, wo es weitgehend bereits politisch an einem revolutionären Feminismus fehlt, hat es wenig Sinn an der Gewaltfrage zu polarisieren.
Aber: Die Wiedergewinnung einer revolutionären feministischen Perspektive wird nur möglich sein, wenn feministische Gewalt dabei kein Tabu ist.
Vgl. dazu auch von Bäumchen angestoßene Debatte:
http://baumderglueckseligkeit.blogsport.de/2011/04/28/eine-feministische-kritik-auszuege/
und
http://baumderglueckseligkeit.blogsport.de/2011/05/28/nur-mal-nebenbei-die-rote-zora/
wie kommt es, dass die rote zora ausschließlich in deinen kommentaren auftaucht? das hier ist der eintrag, wo du für männerfeindlichkeit und schmitt’sche politikdefinition eintrittst
Ich finde ja schon die Parallelisierung der Klassenverhältnisse mit Geschlechter- oder „Rassen“verhältnissen falsch, hab aber jetzt keine Lust und Kraft, darüber zu diskutieren. Aber mich würde mal interessieren, welche Stoßrichtung die Männerfeindlichkeit bzw. Weißenfeindlichkeit deinen Vorstellungen nach haben könnte, und wie eine revolutionäre Umwälzung sexistischer oder rassistischer Verhältnisse aussehen soll, was also das Pendent zu revolutionärem Generalstreik, Fabrikbesetzungen etc. sein könnte. Und wie „supression of men as a class“ eigentlich aussehen soll. Führt Wittig das konkreter aus?
(Würde mich freuen, wenn als Antwort nicht nur ne wüste Linksammlung käme, da schließe ich mich Zara an.)
@ bigmouth:
Verstehe ich nicht.
Du hattest geschrieben: „die abschaffung der geschlechter herbei bomben – das ist die dümmste idee, die ich in diesem jahr gelesen habe“.
Und ich hatte demgegenüber die Rote Zora als positives Beispiel für erfolgreichen feministischen Kampf angeführt -
auch, wenn die Rote Zora vielleicht nur Brandsätze und keine Bomben im strengen Sinne verwendet hat (aber keine Ahnung). Aber das ist ja wohl eher ein taktisch-technischer als prinzipiell-politischer Unterschied.
@ earendil:
In dem zitierten Text und in dem zweiten Text von ihr, den ich gelesen habe, nicht.
Ich müßte mal den gesamten Sammelband mit ihren theoretischen Aufsätzen lesen. Oder vielleicht ist auch die von ihr geschriebene Schöne Literatur dafür aufsschlußreicher. Müßte ich auch mal lesen. -
Dazu, was mir selbst bisher zum fraglichen Thema/Begriff einfällt, morgen.
Von der Kategorie hab ich auch ein halbes Regal voll… ;)
@ earendil (gestern):
I.
Ich gebe anstandslos zu, daß „supression of men as a class“, „Diktatur des Proletariats“ (DdP) / „Diktatur der FrauenLesben“ eher Namen für komplizierte theoretische und politische Arbeitsprogramme als Begriffe für fertige Konzepte sind, die nur noch auf ihre Anwendung warten würden.
II.
Für den historischen Ausgangspunkt der Analogie liegt das Problem klar auf der Hand: Die DdP war von Lenin als Halb-Staat gedacht, der an seinem eigenen Absterben arbeitet.
Daß das während des BürgerInnenkriegs gegen die Weißen (hier: MonarchistInnen und Bürgerliche) nicht klappen konnte, liegt auf der Hand.
Daß das auch danach nicht in Gang kam, beschäftigte Lenin in seinen letzten Schriften (insb. der über die Reorganisation der „Arbeiter- und Bauerninspektion“) intensiv, zeigen aber auch die Grenzen Lenins’ Problembewußtsein (Fokussierung auf der Bildungsstand der russischen Massen).
III.
Konkreter zu Deiner Frage:
Auf der Ebene der Staatsapparate / Gesetzgebung:
► Quotierung ungeachtet der formalen Qualifikation der BewerberInnen wäre ein – vielleicht sogar im existierenden Rahmen mögliches – Stück „Diktatur der FrauenLesben“.
► Entsprechend könnte – wohl eher unter post-revolutionären Verhältnissen (vgl. dort am Ende, Nr. 4) – über eine zeitweilige Umkehr/Umverteilung der Beweislast in geschlechterverhältnis-relevanten juristischen Prozessen nachgedacht werden. Oder an eine Entziehung des Wahlrechts für Männer. (Müßte logischerweise alles im einzelnen genau durchdacht und diskutiert werden. Das ist jetzt nur ein brainstorming.)
Auf der Ebene gesellschaftlicher Selbstorganisation:
► Eine irgendwann wieder gegründete feministische Stadtguerilla könnte Anschläge gegen Firmen, in den die Frauenlohndiskriminierung besonders stark ist, durchführen.
► Nachdem es 1988/89 in der bestreikten und besetzten Freie Universität Berlin zu Vergewaltigungen gekommen war, wurden (wie ich aber nur vom Hörensagen weiß) FrauenLesben-Patrouille eingerichtet. Auch im Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg gab es – glaube ich, mich zu erinnern – eine zeitlang autonome FrauenLesben-Patrouillen.
In dem Maß, in dem ein revolutionärer Prozeß an Breite und Massenrelevanz gewinnt, könnten derartige Strukturen in vielfältiger Weise ausgebaut werden:
► Im Umfeld von FrauenLesben-Notrufe und Frauenhäusern könnten Strukturen aufgebaut werden, die nicht nur Opferberatung und -unterstützung leisten, sondern zu Gegenwehr und Prävention übergehen (statt dies dem existierenden patriarchalen Staatsapparat zu überlassen). Auch das müßte selbstverständlich genau überlegt werden, da autonome Gegenmachtstrukturen keine Knäste aufbauen können, aber Knäste wahrscheinlich schon etwas ‚Humaneres’ sind als Prügelstrafen oder Knieschüsse. Auch formalisierte Strukturen des Diskutierens und Entscheidens sind Mechanismen gegen Willkür Einzelner (S. 275), die nicht einfach über Bord geworfen (sondern allenfalls in Notstandssituationen suspendiert) werden sollten.
► Derartige oder ähnliche Strukturen könnten – zunächst in den Schwerpunkt einer rekonstruierten revolutionären Bewegung – politische Wohnungstür-Agitation betreiben und auf Stadtteil bzw. Häuserblock-Ebene, die Kollektivierung und Umverteilung von Reproduktionsarbeit vorantreiben. Usw. – Auch hier ist wiederum zu Bedenken, daß alles, was unter Zwang geschieh, negativ auf die Qualität des Resultats durchschlägt.
Bei allen derartigen Ideen müßte des weiteren – entgegen autonomer Freiraum- und Gegenmacht-lllusionenen – immer im Kopf behalten werden, daß es letztlich keine autonomen Inseln gibt und daß spätestens, wenn derartige Strukturen über Symbolpolitik hinausgehen, das staatliche Gewaltmonopol auf den Plan tritt.
► Wenn denn die Machtfrage auf überregionaler bis globaler Ebene gestellt und beantwortet wäre, müßten also derartige Strukturen von den Schwerpunktgebiete einer revolutionären Bewegung auf die anderen Zonen ausgeweitet werden. Z.B. Wohnraum in Villen und Luxuswohnungen (sagen wir: ab 120 m² pro Person) wird umverteilt und einer Nutzung zugeführt, die eine Aufbrechung der geschlechtshierarchischen Verteilung von Haus- und Erziehungsarbeit ermöglicht.
Des weiteren wird auch vieles davon abhängen, wie sich Verhältnis zwischen Feministinnen und MarxistInnen und die jeweiligen Kämpfe entwickeln: Ein gleichzeitiger feministisch-marxistischer revolutionärer Prozeß dürfte ganz anderes aussehen als einer der dem jeweils anderen vorausgeht oder nachfolgt.
Soviel erst einmal – was mir spontan einfällt. Das ist logischerweise nichts, was sich sinnvoller Weise eine einzelne Person allein am Schreibtisch ausdenken kann, wenn es denn funktionieren soll.
Wir diskutieren hier im übrigen zu:
Monique Wittig
One Is Not Born A Woman:
Vgl. auch:
Teresa de Lauretis
When lesbians were not women
in: labrys. études féministes, numéro spécial, septembre 2003
http://vsites.unb.br/ih/his/gefem/special/special/delauretis.htm
Komplett-Dokumentation des bisherigen Debattenstandes zum Thema „Männerfeindlichkeit“ in einer .pdf-Datei
Es kreiste der Berg und gebar eine Maus. Du willst also einfach den autonomen ’80er Jahre Feminismus zurück haben. Nun gut, ich würde sagen, es gibt gute Gründe dafür, dass er gescheitert ist. Sei´s drum.
Ich würde mir wünschen, dass Du deinen feministischen Revolutionsphantasien einen kleinen Realitätscheck unterziehst. Die Grünen in Berliner Bezirksparlamenten haben mit Anträgen zur Parkbeleuchtung weit mehr gegen Vergewaltigungen erreicht, als sämtliche autonome Frauen-Bürgerwehren, die nach einer erfolgten Vergewaltigung mal für eine Woche im Görli ein bisschen Macker spielen. Genauso hat die Rote Zora in 20 Jahren auch nicht viel mehr erreicht, als den Lohn für ein paar Beschäftigte eines Adler-Zuliefereres um ein paar Prozent zu erhöhen.
Ja, das erfaßt – zumindest im Ausgangspunkt – die politische Intention meines fraglichen Kommentars (01. Juli 2011 um 11:10 Uhr) ziemlich genau:
In der Tat würde ich sagen: Der Linksradikalismus von Mitte der 80er bis Anfang der 90er Jahre (in dieser Zeit hatte ich ihn aus nicht allzu großer und geringer werdender Entfernung beobachtet) war – nicht nur, aber insb. auch in Sachen Geschlechterverhältnis – um Längen dem heutigen Linksliberalismus, der weiterhin als Linksradikalismus ausgegeben wird, überlegen.
Allerdings gab es damals zwei Schwachpunkte:
1. Eine Überschätzung der Bedeutung von Militanz und eine Unterschätzung der Bedeutung von politischer Organisierung; eine Unterschätzung der Wichtigkeit von verbindlicher, gemeinsamer Weiterentwicklung von Programmatik und Strategie und deren Vermittlung in die breite Öffentlichkeit.
2. – und das ist bereits in dem Kommentar angesprochen –: Die gradualistischer Unterschätzung der Machtfrage.
Nur: Seit Anfang der 1990er Jahre sind weite Teile der Szene von einem militanten Gradualismus in einen kaum noch militanten Reformismus (Teil I) gerutscht. -
Ein Fortschritt ist das m.E. keineswegs.
Und: „Du willst also einfach den autonomen ’80er Jahre Feminismus zurück haben.“ Ja, nicht einfach. Aber immerhin: nicht das Kinde mit dem Bade auszuschütten (statt es von damaligen Tendenzen zum Biologismus zu befreien) – das ist auch der Sinn meiner Doku-Serie:
Als es noch einen revolutionären Feminismus gab…
Sozusagen zwei Fortsetzungen des hiesigen Artikels:
Eine feministische Kapitulation! – Warum ich die 8. März-Demo in Berlin verlassen habe, bevor sie losging
http://theoriealspraxis.blogsport.de/2014/03/08/eine-feministische-kapitulation-warum-ich-die-8-maerz-demo-in-berlin-verlassen-habe-bevor-sie-losging/
und
Eine revolutionär-feministische Perspektive auf die „linksradikale, queerfeministische Perspektive“ (von Samstag) auf den 8. März
https://linksunten.indymedia.org/de/node/108153