Zum Thema „politische Kritik“ auf Platz 7 von über 28 Mio. Treffern:
Archiv für April 2011
Aus Anlaß dieses Leserin-Kommentars:
Der folgende Text wurde 1993 von FrauenLesben bei einem gemischten, bundesweiten Treffen von Leuten, die in der Solidaritätsarbeit für die Gefangenen aus der RAF aktiv waren, vorgetragen und danach in der Berliner linskradikalen Szene-Zeitschrift interim (Nr. 229, 25.02.1993, S. 23 – 27) veröffentlicht, wo er in späteren Ausgaben kontrovers diskutiert wurde1.
Außerdem wurde der Text 1994/95 in den beiden Auflagen der folgenden Broschüre nachgedruckt:
Broschürengruppe in Zusammenarbeit mit dem ASTA-FU sowie Frigga Haug, Wolfgang Fritz Haug, Wolf Dieter Narr, Uwe Wesel, Harald Wolf (Hg.)
Für eine neue revolutionäre Praxis. Triple oppression & bewaffneter Kampf. Eine Dokumentation von antiimperialistischen, feministischen, kommunistischen Beiträgen zur Debatte über die Neubestimmung revolutionärer Politik 1986-1993
Selbstverlag: Berlin, 1. Aufl. 1994, 2. Aufl. 1995, S. 76 – 80.
Der Text stammt mit seinem Inhalt und Sprachduktus aus einer ‚anderen Zeit‘ – noch geprägt vom Zusammenbruch des ‚Real’sozialismus und der Stadtguerillagruppen und bevor die Rezeption der Schriften Judith Butlers und anderer queer TheoretikerInnen eine politische Breitenwirkung auch in der linksradikalen Szene erlangte. Trotz dieser ‚Unzeitgemäßheit‘ scheint mir dieser Text nicht nur weiterhin eine – mich schon damals, noch als ‚überzeugter Mann‘, faszinierende – klare, revolutionäre Haltung von FrauenLesben auszudrücken, sondern auch grundlegende Einsichten zu artikulieren, die auch in der ‚neuen Zeit‘ nicht überholt sind, wenn auch teilweise einer theoretischen Re-Kontextualisierung und politischen Aktualisierung bedürfen.
-----
im januar 1992 tritt die sogenannte ‚kgt-initiative‘ (kgt = koordinationsgruppe terrorismusbekämpfung)2 an die öffentlichkeit, im april verkündet die rote armee fraktion (raf) die einstellung militärischer aktionen, am 15. mai wird günther sonnenberg nach 15 jahren haft entlassen, im august bekräftigt und begründet die raf die grundsätzliche aufgabe des bewaffneten kampfes, ende oktober erklärt ein teil der gefangenen ihrerseits die prinzipielle abkehr vom bewaffneten kampf, und daß sie persönlich diesen im falle ihrer freilassung nicht wieder aufnehmen werden. mitte november ist entschieden worden, daß bernd rössner, der zuvor im knast in kassel eingesperrt war, seine haft für 18 monate in einer therapeutischen einrichtung unterbrechen darf.
zu fragen bleibt: was geht hier eigentlich vor und wie geht es nun weiter? und davor noch die frage: warum beschäftigen sich feministinnen überhaupt damit? zunächst zur zweiten frage:
die ereignisse des letzten jahres im zusammenhang mit der raf, dem bis dahin existierenden bewaffneten kampf in der brd und den politischen gefangenen in bundesdeutschen gefängnissen sind ein ausdruck der gesamten politischen entwicklung. gleichzeitig bestimmen diese vorgänge die heutigen und zukünftigen politischen und gesellschaftlichen realitäten mit, innerhalb derer wir frauen/lesben leben und uns bewegen. darüber hinaus ist es notwendig, sich sozusagen ‚ins innere‘ dieser auseinandersetzungen zu begeben und zwar aus verschiedenen gründen:
die antiimperialistische bewegung und die raf haben lange zeit auf internationalistischer grundlage gegen staat und kapital gekämpft. gemeint sind hier all diejenigen bewegungen, gruppen, organisationen, die mit grundsätzlich antiimperialistischem anspruch gegen staat, kapital und imperialismus vorgehen.
nicht zufällig kämpften viele frauen/lesben in der antiimperialistischen bewegung. (mehr…)
Eine feministisch-kommunistische Kritik
Als .pdf-Datei zusammengesampelt aus:
http://theoriealspraxis.blogsport.de/2010/07/03/intersektionalitaet-und-gesellschaftstheorie/
und
http://theoriealspraxis.blogsport.de/2010/06/20/eine-radikale-geste-mit-schalem-nebengeschmack/.
Vgl. zur Kritik des Menschenrechts-Pathos die einschlägigen Beiträge in der hiesigen Kategorie „Rechtstheorie / Juristisches / Antirep“.
Der Mädchenblog schreibt, „Frauenpolitik? In Deutschland ist das kein Thema mehr. Hierzulande gibt es, um der demographischen Apokalypse zu entgehen, nur noch Familienpolitik. Und diese zeigt Erfolge: In Deutschland arbeiten Mütter immer weniger.“, und zitiert dann aus einem taz-Artikel:
„Demnach arbeiteten westdeutsche Mütter, die beispielsweise Kinder im Alter von 10 bis 14 Jahren hatten, im Jahr 2000 durchschnittlich 18,7 Wochenstunden. 2007 waren es nur noch 16,7 Wochenstunden. In Ostdeutschland sank die Wochenarbeitszeit sogar von 27,9 auf 23,4 Stunden.“
Habt Ihr da nicht etwas Entscheidendes vergessen?! Daß Mütter weniger bezahlte Erwerbsarbeits leisten (das ist doch in dem taz-Artikel gemeint1), heißt doch jedenfalls nicht zwangsläufig, daß Mütter schlichthin weniger arbeiten. Die Erwartung an den Aufwand, den eine „gute Mutter“ heute treiben muß, um heutezutage bspw. schon im frühen Grundschulalter die Zweisprachigkeit der Kinder und auch ansonsten eine umfassende Bildungsaspiration sicherzustellen, dürfte doch um einiges höherliegen als bspw. noch im Jahr 2000 oder gar – um noch eine andere Zahl zu nennen – 1963, oder nicht?!
- „‚Viel stärker als der Kita-Ausbau wirken Kräfte, die in die gegensätzliche Richtung ziehen wie das Ehegattensplitting und die geringfügige Beschäftigung.‘ Beides stelle ‚niedrige Anreize für Frauen, Vollzeit einzusteigen‘, sagt die Forscherin.“ [zurück]
Eine verlogene Debatte – Anja Krüger und Pascal Beucker im ak-Interview mit Ingo Stützle:
http://www.akweb.de/ak_s/ak559/10.htm via http://www.stuetzle.in-berlin.de/2011/04/eine-verlogene-debatte-die-guttenberg-affare-hat-den-leistungsmythos-gestarkt/
(ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis –
„In der öffentlichen Diskussion hat die Bildungsaristokratie hart darum gefochten, ihre Privilegien und ihr Sozialprestige zu verteidigen.“
„Die weit verbreitete Auffassung, von Politikern ohnehin nur belogen zu werden, wirkt entpolitisierend und macht empfänglich für autoritäre Lösungen. […] Das TINA-Prinzip [also die Behauptung keine Alternativen gebe] dient als Pseudolegitimation unsozialer Politik gegen einen großen Teil der eigenen Wählerschaft. Dabei ist es brandgefährlich, denn es macht Demokratie überflüssig. Schließlich bliebe keine Wahl: Es würde eine Regierung aus Technokraten und Fachleuten reichen, die exekutiert, was notwendig ist. Demokratie lebt hingegen davon, über Alternativen diskutieren und entscheiden zu können. Und es gab und gibt immer Alternativen – in der Bildungs-, wie auch gerade in der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Und gegenüber Kriegseinsätzen allemal.“
#
Anmerkung:
„Auf keinem Fall darf der Marxismus die (der Großbourgeoisie und der Sozialdemokratie gemeinsame) Position einnehmen und die ökonomischen und politischen Probleme in Begriffen der ‚Rationalität‘ und der ‚Irrationalität‘, in Begriffen der logischen Wahl zwischen rationalen ‚Modellen‘ der Gesellschaft statt in Begriffen des Klassenkampfs formulieren.“
(Étienne Balibar, Marxismus, Rationalismus, Irrationalismus und Soziale Krise und Ideologische Krise, in: alternative, H. 116, Okt. 1977, 225 – 232 und H. 118, Feb. 1978, 18 – 23 [22] (frz. Erstveröff.: La Nouvelle Critique Nr. 99, Dez. 1976).
„Aufschlussreich bleibt, inwiefern die Kommission die Mitverantwortung von Guttenbergs Doktorvater Peter Häberle bedenkt, der schließlich der Universität Bayreuth angehört. Die Dienstaufsicht im beamtenrechtlichen Sinne besitzt sie zwar nicht, aber sie könnte die offenkundigen Versäumnisse benennen. Wissenschaftsrechtler rechnen allerdings damit, dass es dazu kaum kommen dürfte. In den meisten Fällen werden die beteiligten Professoren aus naheliegenden Gründen geschont.“
Vor mittlerweile längerer Zeit wurde bekannt, daß das Landesamt für Verfassungsschutz Informationen über Mitglieder des Berliner Sozialforums gesammelt hatte. Darauf hin beantragte eine ganze Reihe von Sozialforums-Mitgliedern beim Landesamt Auskunft über die über sie gesammelten Informationen. (Der Begriff „Auskunft“ wird im folgenden der Einfachheit halber zusammenfassend sowohl für die „Auskunft“ im engeren Sinne [§ 31 BlnVerfSchG] als auch die Akteneinsicht i.S.d. § 32 BlnVerfSchG verwendet.)
Das Landesamt verweigerte mit floskelhafter Begründung die Auskunftserteilung, worauf hin wiederum einige Mitglieder des Sozialforums Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben. Die meisten KlägerInnen klagten auf Auskunftserteilung.
In einem Fall hatte das Verwaltungsgericht die Klage auf Auskunftserteilung abgewiesen und das Landesamt statt dessen zunächst einmal zu einer Neubescheidung des Antrages (auf Auskunftserteilung) mit ausführlicherer Begründung verurteilt (Volltext des Urteils). Die anderen Verfahren wurden bis zum Abschluß des ersten Prozesses ausgesetzt.
Auf Berufung des Landes Berlin ging der Prozeß nun am Mittwoch vor dem Berlin-Brandenburger Oberverwaltungsgericht in die zweite Runde.
Diese mündliche Verhandlung war unter mehrerlei Gesichtspunkten paradox; genauso wie im übrigen die Gesetzeslage.
Der gerichtliche Pragmatismus: §§ 128, 129 VwGO übersehen