Die Frankfurter Rundschau berichtet:
„Die Spitzenkandidatin der Linken in Nordrhein-Westfalen, Bärbel Beuermann, hat dagegen für ein rot-rot-grünes Bündnis geworben. Ob es dazu komme, liege aber nicht an ihrer Partei, sondern an der SPD und den Grünen, sagte Beuermann am Montag im ARD- ‚Morgenmagazin‘. ‚Unsere Tür ist offen für die Parteien, die mit uns einen ganz klaren Politikwechsel voranbringen wollen. Wir werden sehen, wer durch diese Tür tritt.‘
Nach Aussage ihres Bundesvorsitzenden Oskar Lafontaine wird sich die Linke in Nordrhein-Westfalen nicht auf eine Tolerierung einer rot-grünen Minderheitsregierung einlassen. Für Gespräche darüber gebe es ‚keine seriöse Grundlage‘, sagte er am Montag vor einer Sitzung des Parteivorstandes in Berlin.“
„einen ganz klaren Politikwechsel“ – das zeugt entweder von Größenwahn oder von Illusionen.
► Das zeugt von Größenwahn, falls dahinter die Vermutung steht, eine 5,6 Prozent-Partei (noch dazu ohne begleitende massive außerparlamentarische Mobilisierung) könne zwei Parteien (SPD und Grünen), die zusammen ungefähr neunmal so stark sind, in entscheidenden Fragen ihren Willen aufzwingen.
► Oder es zeugt von Illusionen, falls dahinter die Vermutung steht, SPD und Grünen seien ohnehin für einen „einen ganz klaren Politikwechsel“ und dieser müßte ihnen also gar nicht erst aufgezwungen werden. – (Und was ist eigentlich mit den WählerInnen von SPD und Grünen? Falls die denn wenigstens für „einen ganz klaren Politikwechsel“ wären, warum haben die dann die Parteien gewählt, die sie gewählt haben?!)
‚Unseriös‘ ist nicht (nur) eine Tolerierung (das kommt darauf an, welche Form von Tolerierung gemeint ist1), sondern den Eindruck zu erwecken, in Gesprächen mit SPD und Grünen könne überhaupt „ein ganz klare[r] Politikwechsel“ auch nur ernsthaft zu Debatte stehen.
- Gegen eine Tolerierung, die auf einem inhaltlich ausgehandelten Vertrag beruht, spricht das Gleiche, wie gegen eine Koalition: Die Linkspartei müßte das, was alles andere als „ein ganz klare[r] Politikwechsel“ sein wird, als solchen oder zumindest als ‚guten Kompromiß‘ loben und sich gebotene Kritik an einem etwaigen Verhandlungsergebnis versagen müssen. Etwas anderes wäre es, wenn die Linkspartei ohne Schnüren eines inhaltlichen Gesamtpaketes, das die Linkspartei dann insgesamt verteidigen müßte, Rot-Grün in jedem Einzelfall gegen etwaige noch schlimmere Alternativen von CDU und FDP stützen würde – aber sich die volle Freiheit der Kritik am üblen Charakter auch des kleineren Übels wahren würde.
Falsch ist nicht, das kleinere Übel gegen das größere Übel zu stützen, sondern das kleinere Übel als das Gute auszugeben. [zurück]
Ich hoffe mal, dass niemand durch diese Tür tritt – jedenfalls bitte nicht die SPD oder die Grünen! Denn genau wie du sagst: die linke Partei hat gerade einmal 11 Sitze und damit meiner Ansicht auch niemals das Recht, einen Politikwechsel zu beanspruchen, der sich ihren Interessen beugt. In einer Koalition innerhalb eines sog. demokratischen Parlaments könnten sie prozentual gesehen grad mal 11% ihrer Interessen durchsetzen – müssten aber 89% der Interessen der sog. anderen zustimmen. Ein Hurra auf die Demokratie! Ich hoffe, dass die sog. linke Partei nicht den gleichen Fehler macht wie anderswo und sich der Macht willen den anderen Parteien andient, dann wird das ja wieder nichts.
(Es wird sowieso auch nichts, aber das steht hier ja nicht zur Debatte^^)
Mir hätte es ja mal gefallen, wenn der ein oder andere im Vorfeld gesagt hätte: „Regierungsfähig sind wir schon, nur eben nicht kompromissfähig.“