- noch zwei Facebook-posts zum Institut Solidarische Moderne -
In Antwort auf meinen gestrigen post (s. den dortigen Nachtrag) schrieb ein Diskutant u.a.:
Sorry, aber ich finde das hier die reinste Kataastrophe gleich wieder anzufangen mit irgendwelchen Kritiken an … Mehr anzeigen irgendwas. Statt irgendwelche Begriffe in irgend eine Ecke zu stellen, sie wären 50er Jahre oder ähnliches, halte ich es für demokratisch, wenn Ihr zuerst über alles offen und ehrlich diskutiert und nicht gleich am Anfang zu kritisieren anfangt und das hervorhebt, was Euch mißfällt.
Einerseits:
halte ich es für demokratisch, wenn Ihr zuerst über alles offen und ehrlich diskutiert
und andererseits:
reinste Kataastrophe gleich wieder anzufangen mit irgendwelchen Kritiken an irgendwas
Ist das nicht ein kleiner Widerspruch: „offen und ehrlich“ über „alles … diskutier[en]“ – aber bitte nicht zu kritisch…????
Aus der darauf folgenden Antwort des Mit-Diskutanten zitierte ich wie folgt:
ansprechen was wichtig ist ohne zu kritisieren …. Damit erreicht man dass alle Meinungen gehört werden und nicht eine Diskussion anfängt bevor überhaupt alle wichtigen Punkte genannt sind.
und antwortete darauf so:
Nun ja, der Gründungsaufruf ist auch nicht nur eine Themenliste, über die fernerhin diskutiert werden soll – was ich in soweit auch völlig okay finde.
Wer/welche Position bezieht, sollte allerdings auch Kritik ertragen.
Andererseits sei auch völlig zugestanden, daß kein Projekt beliebig offen sein kann, sondern vielmehr auch Grenzen ziehen muß.
Wenn der Gründungsaufruf kein Angebot zur Diskussion, das auch kritisiert werden kann, sein soll, sondern die definitive Grundlage, AUF DER fernerhin diskutiert werden soll – jedenfalls innerhalb des Instituts und der Web-Präsens des Instituts –, dann sollte auch das einfach klar gesagt werden.
Das fände ich methodisch völlig legitim, wenn auch inhaltlich nicht überzeugend. Aber klar, das kann so gemacht werden.
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Aber noch einmal grundsätzlich:
Dieses Lamento über die Diskussion über Begriffe, die Angst vor dem „Zerreden“ (Gerold Gerber; auch Du: „Wenn man sich aber schon beim Bauen des Kellers in Diskussionen verliert, kann man es gleich sein lassen.“), der Appell, das Gemeinsame in den Vordergrund und die Kritik zurückzustellen (oder zumindest leise zu formulieren) -
bei dem Ganzen schwinkt auch noch mit: die Probleme drängen; wir müssen endlich handeln; die Praxis ist wichtiger als die Theorie; gegen den gemeinsamen Gegner (den Neoliberalismus) müssen wir um JEDEN Preis zusammenhalten – ---
solche Einheitsappelle gibt’s nun in jeder der existierenden, als ‚links‘ klassifizierten Parteien (von MLPD bis SPD) und auch in linksradikalen Autonomen Vollversammlungen (und mit anderem Gegner in anderen Parteien ganz entsprechend) zu Genüge. Dafür braucht es kein Institut, keinen Think Tank.
Und wieviele Fehler hat die Linke dadurch gemacht – und sogar unnütze Tote produziert –, daß Kritik mit derartigen Appellen zur Gemeinsamkeit, zur ‚Konstruktivität‘, abgebürstet wurde und KritikerInnen sich dem vielfach – murrend oder schweigend – gebeugt haben? Wievieiel Fehler wurden gemacht, wieviele falsche Wege wurden gegangen, weil einige Haudegen zur ‚Praxis‘ drängten, ohne vorher eine genaue Diskussion über das richtige Ziele, über die Lage und geeignete Strategie zuzulassen?
Das ist doch ein fatales Muster, das sich durch so ziemlich jede der linken Fraktionen durchzieht.
Für die politische Praxis ist das – mittel- und langfristig – verheerend. Für die theoretische Arbeit eines Instituts wäre das suiziadal.
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