aus Anlaß von
Antidemokratische Aktion – 12. Oktober 2009 um 15:10 Uhr beim Mädchenblog
und
antikap – 14. Oktober 2009 um 22:41 Uhr bei Theorie und Praxis:
1. Redaktionskollektiv [der Zeitschrift Perspektiven. Zeitschrift für sozialistische Theorie (Marburg)]
Auf zu neuen Ufern!
in: Perspektiven, H. 4: Feminismus/Marxismus, Nov. 1988, 5 – 14.
Der Text gibt einen knappen Überblick über die Geschichte der neuen Frauenbewegung in der BRD von ’68 bis Mitte/Ende der ’80er Jahre sowie über das ‚real’sozialistisch-marxistische Verständnis der „Frauenfrage“, den radikalfeministischen Bielefelder Ansatz von Maria Mies, Veronika Bennholdt-Thomsen und Claudia von Werlhof sowie den sozialistischen Feminismus wie er in der BRD und Westberlin vor allem von den Frauen in der und um die Redaktion der philosophischen und sozialwissenschaftlichen Westberliner Zeitschrift Das Argument vertreten wurde.
Unter dem Gesichtspunkt des Heft-Themas „Feminismus/Marxismus“ werden der in den 70er und 80er Jahren vor allem in den USA starke, mittlerweile auch in BRD angekommene liberale Feminismus sowie – vor allem in BRD und anderen west- und nordeuropäischen Ländern starke – sozialdemokratisch-frauenbewegte Position nicht behandelt.
Ebenfalls nicht behandelt werden laut AutorInnen „diejenigen radikalfeministischen Theorieansätze, die in letzter Konsequenz auf die Überwindung des Kapiatlismus verzichten bzw. sie nicht für wichtig erachten“ (meine Hv.). Auf welche das gemünzt war, ist mir nicht klar.
2. Cornelia Eichhorn
Zwischen Dekonstruktion und Identitätspolitik. Eine Kritik zur feministischen Debatte um Judith Butler
in: Die Beute. Politik und Verbrechen (Edition ID-ArchivAmsterdam/Berlin), 1/1994, 40-43.
Der zweite Text war rund ein halbes Jahrzehnt später und damit schon nach Veröffentlichung von Judith Butlers Buch Gender Trouble / Das Unbehagen der Geschlechter erschienen.
Der Aufsatz von Cornelia Eichhorn verortet Butlers Neuansatz im Kontext des Unterschiedes zwischen Gleichheits- und Differenzfeminismus. Beide dokumentierten Texte mit einander verknüpfend wäre zu sagen, daß der Bielefelder Ansatz eine spezifische Variante des Differenzfeminismus darstellt; der sozialistische Feminismus dagegen eher eine Variante des Gleichheitsfeminismus.
Freilich unterscheidet sich der sozialistische Feminismus dadurch von liberalen und sozialdemokratischen frauenbewegten Positionen, daß er nicht nur auf GleichbeRECHTigung und instiutionelle Politik fixiert ist, sondern im Rahmen eines stärker bewegungsorientierten Ansatzes auf eine grundlegende Transformation der gesellschaftlichen Verhältnisse zielt.
Andere Differenzansätze sind neben dem Bielefelder Ansatz das italieniesche affidamento-Konzept, der französische Differenzfeminismus von Irigaray, Kristeva und Cicoux sowie der – gelegentlich auch „kulturell“ genannte – Ansatz von Adrienne Rich. Als radikal- oder differenzfeministisch ist auch der Ansatz von Catharine A. MacKinnon zu bezeichnen, die aber anders als die meisten anderen Differenzfeministinnen sehr stark auf staatlich-juristische Maßnahmen setzt.
Ergänzend sei noch
► bezgl. Butlers Verhältnis zum Marxismus auf ihren Aufsatz
Merely Cultural [aus Uni-Netzen kostenlos]
in: New Left Review Iss. 227 1998, 33 – 44
(zur damaligen die Debatte in der New Left Review über Identitätspolitik, die nach Ansicht einiger DiskussantInnen das charakteristische Merkmal der sog. Neuen sozialen Bewegung ist [Butler weist dagegen den Vorwurf, diese seinen merely cultural zurück] und Interessenspolitik, die angeblich die Arbeiterbewegung auszeichne, siehe den dortigen Aufsatz von Frieder Otto Wolf)
► zum Unterschied zwischen Butlers De-Konstruktion des Geschlechts und Ursula Scheus 7er Jahre-Buch Wir werden nicht als Mädchen geboren – wir werden dazu gemacht auf
meinen dortigen Text
► Cornelia Klinger,
Liberalismus – Marxismus – Postmoderne. Der Feminismus und seine glücklichen oder unglücklichen ‚Ehen‘ mit verschiedenen Theorieströmungen im 20. Jahrhundert, in: Antje Hornstein / Gabriele Jähnert / Annette Schlichter (Hg.), Kritische Differenzen – Geteilte Differenzen. Zum Verhältnis von Feminismus und Postmoderne, Westdeutscher Verlag: Opladen / Wiesbaden, 1998, 18 – 41.
► als zwei für die linksradikal-autonome Diskussion Ende der 80er / Anfang der 90er Jahre wichtige Texte auf
++ Ingrid Strobl
Die Angst vor den Frösten der Freiheit
und
++ Klaus Viehmann u.a.
Drei zu Eins. Klassenwiderspruch, Rassismus und Sexismus
► das Emma-Interview mit der deutschen feministische Stadtguerillagruppe Rote Zora von 1984
► für eine Unterscheidung zwischen einem ’spielerischen‘ und einem widerständig-materialistischen, postmodernen Feminismus auf
Teresa L. Ebert
Ludic Feminism, the Body, Performance, and Labor: Bringing Materialism Back into Feminist Cultural Studies [aus Uni-Netzen kostenlos]
in: Cultural Critique, Iss. 23 Winter 1992/93, 5 – 50
sowie schließlich
► auf die weiteren links in der rechten Randspalte in der Kategorie „Frgmente klass[ischer] fem[inistische] Texte“ [diese links sind mittlerweile dort hin verschoben, TaP 06.05.2011]
verwiesen.
ist der Beitrag von Wechselberg/Scharenberg zu Mariategui in den Perspektiven eigentlich lesenswert ober haben die beiden damals schon Sozialdemokratismus mit radikal klingende Phrasen geboten?
Das ist auf S. 7 1/2 Seiten eine weitgehend despriktive Besprechung der „Sieben Versuche“ von M. (Argument/Exodus:[West]berlin/Freiburg, 1986).
Auf S. 68 wird die etwas schönfärberische Sicht von M. auf die Religion (Die revolutionäre Kritik bestreite der Kirche nicht „ihren Dienst an der Menschheit“) kritisiert.
Schlußsatz auf S. 71: „Eine Beschäftigung mit ihren Theorien darf Gramsci und Mariátegui nicht aus den politischen Zusammenhängen der revolutionären Bewegungen herausreißen, und die Suche nach ‚neuen‘ Klassikern ist nur sinnvoll, wenn die ‚alten‘ dabei nicht fallengelassen werden.“
Angemerkt sei noch, daß ich das Buch M. gelesen habe (bin mir nicht sicher, ob vor oder nach der Rez.) und nur mäßig gefesselt war, sodaß ich zu der Rezension nichts Tiefschürfendes sagen kann.
thanks!