Das „[S]chlechter-wegkommen von Frauen […] hat nämlich sehr viel handfestere Gründe als eine Unterrepräsentation in der Sprache und genau deshalb ist es so albern, wenn Leute mit diesem Mittel [der Herstellung oder Verbesserung der sprachlichen Repräsentanz von Frauen, z.B. durch das große „I“ oder Tiefstrich + Anfügung der Feminin-Endung, TaP] meinen, dagegen anstinken zu können.“
In Anbetracht der handfesten Naivitität eines Politikverständnisses, das meint, Politik (in der Sprache von Eintagsfliege: „dagegen anstinken“) auf ihre handfesten Formen reduzieren zu können, machte ich gestern einen Literaturhinweis [Abschnitt II.2.c) und d)] zum Thema Sprache, Ideologie und Hegemonie. Bereits gestern antwortete Eintagsfliege:
„Aber um einen Punkt zu machen, Detlef, im Sinne des Interim-Papiers [auf das ich verwiesen hatte], ‚Zwischen uns und dem Feind einen klaren Trennungsstrich ziehen‘: ‚Ernsthafte Kritik setzt voraus, daß der Kritiker sich im Anspruch kommunistischer Politik mit uns einig weiß. Darunter geht nichts.‘ (aus: Resultate der Arbeitskonferenz, Programmatische Erklärung der Roten Zellen/AK)“
Das ist eine erfreulich deutliche Ansage. Erfreulich ist nicht nur die Deutlichkeit, sondern ebenfalls, daß damit auch klargestellt ist, daß wir es hier nicht mit einem graduellen Konflikt zwischen unzureichender Sprachkritik und handfesten Maßnahmen gegen das „[S]chlechterwegkommen von Frauen“, sondern vielmehr mit einem grundlegenden Interessenkonflikt zu tun haben. Wir könnnen daher – entgegen der anfänglichen Rhetorik von Eintagsfliege – zwangslos annehmen, daß Eintagsfliege für handfesten Maßnahmen gegen das „[S]chlechterwegkommen von Frauen“ erst recht nicht zu gewinnen sein wird. Soweit, so klar.
Alles weitere ist allerdings unklar:
a) Unklar ist schon, welchen Sinn es haben soll, die Diskussion auf eine Diskussion unter KommunistInnen zu beschränken, wenn der Anteil von KommunistInnen (in all ihren Schattierungen) an der Gesamtbevölkerung vielleicht 3 % beträgt. – Ach ja, ich vergaß: Fragen der Ideologie, der Hegemonie, der Sprache, also auch Diskussionen, sind ja nicht handfest genug – völlig überflüssig für „kommunistische Politik“.
b) Unklar ist ebenfalls, ob
► Eintagsfliege mir oder dem verlinkten Text den kommunistischen Anspruch bestreitet (und, falls ja, mit welchem Argument)
oder
► ob er diesen gar nicht zur Kenntnis genommt hat, weil Texte mit Sprache zu tun haben, Sprache nicht handfest genug ist – und folglich Texte ohnehin nicht genau zur Kenntnis genommen werden müssen
oder
► er sich vielmehr an dem kommunistischen Anspruch stößt und von antikommunistischer Seite aus einen antagonistischen Widerspruch aufmacht.
c) Warum ihn mein Hinweis auf die Gesichtspunkte von Ideologie, Hegemonie und Sprache nicht überzeugt, bleibt schließlich auch noch unklar. – Aber Argumente vorbringen, hätte ja auch etwas mit Sprache zu tun – und wäre deshalb mangels Handfestigkeit ebenfalls untunlich.
Alles klar.
Ergänzend sei noch gesagt, daß das Bild (die verfügenden weißen Hände) durch den Text noch verstärkt wird: „Der einzige Grund, schwarz zu wählen“
► Es heißt nicht etwa: „Ein guter Grund, …“ – sondern „Der einzige Grund, …“. – Und das ist auch kein Zufall: Denn anderenfalls würde aus der Anti-Werbung gegen die CDU, eine Werbung für die CDU. Mit „Ein guter Grund, …“ würde nämlich – im Rahmen der Verknüpfungslogik des Wahlplakates – die Schlußfolgerung nahegelegt: „Wenn Sex mit Schwarzen, warum dann nicht auch schwarz wählen?“ Dies macht den Vorwurf der Initiative Schwarzer Deutscher vollauf berechtigt, daß die Grünen mit dem Plakat „Schwarze Menschen [für] eine ‚humorvoll‘ beabsichtige Kampagne instrumentalisieren“.
► Die greifenden Hände sind auf dem Plakat das Subjekt der sexuellen Wahl und das wählende Subjekte wird von den Grünen anscheinend auch als ausschließlich weiß imaginiert, denn das Plakat ‚funktioniert‘, wenn sich weiße WählerInnen mit den weißen Händen identifizieren.
► Auch als grüne KandidatInnen kommen nach der Logik des Plakates nur Weiße in Anbertracht, denn: Wenn Sex der einzige Grund ist, Schwarze zu wählen, dann ist also Politik kein Grund sein, Schwarze zu wählen – das Wählen und Nominieren von Schwarzen für Parlamente also untunlich.
► Schließlich verwischt die Verknüpfung von sexueller Wahl und Parlamentswahl einen entscheidenden Unterschied: Die Parlamentswahl erfolgt geheim und insoweit einseitig: Eine Partei kann die Stimmen, die sie erhält nicht, zurückweisen. Schwarze können aber sehr wohl die sexuelle Wahl von Weißen zurückweisen, wie die sexuelle Wahl überhaupt ihre ‚Vollzugslegitimation‘ erst dadurch erhält, daß sie auf Gegenseitigkeit erfolgt. Von einer solchen Gegenseitigkeit ist auf dem Plakat nichts zu sehen.
(Einem der Kommentare beim Mädchenblog ist im übrigen noch zu entnehmen, daß es sich lt. Urheberin bei den Händen tatsächlich um Frauenhände und bei dem Po um einen Frauenpo handeln soll. Multiracial Lesbensex sells – wer/welche noch nicht wußte, was von diversity management zu halten ist, weiß es jetzt.)
Die Mädchenmannschaft versagt bei der Diskussion zum Plakat-Thema leider völlig, weil sie Kommentare und ihre Antworten darauf nachträglich löschen. Betroffen sind:
http://maedchenmannschaft.net/wir-haben-mehr-zu-bieten/#comment-17123
http://maedchenmannschaft.net/wir-haben-mehr-zu-bieten/#comment-17124
und
http://maedchenmannschaft.net/wir-haben-mehr-zu-bieten/#comment-17127
sowie die Antwort von Susanne darauf zumn Thema “Meinungsressort in der taz”.
Ohne daß Du uns verrätst, was in den angeblich gelöschten Kommentaren und Antworten stand (wie war im übrigen die URL der Antwort „Meinungsresort…“?), besagt das gar nichts.
Zu Nr. 2.:
Zur Diskussion beim Mädchenblog über das rassistische Grüne Wahlplakat in Kaarst s. auch noch:
http://theoriealspraxis.blogsport.de/2009/08/14/noch-einmal-gruener-rassismus/#comment-229.